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Als Patrick Bichler 2017 eine Schreinerei übernahm, hatte er sich vorgenommen, binnen zehn Jahren in ein neues Gebäude umzuziehen. Heute weiß der 36-jährige Unternehmer: Dieser Zeitplan ist nicht zu halten. Ein Gespräch über den langen Weg zum neuen Firmensitz, steigende Kosten und Nachwuchssorgen - und die Frage, ob die Politik den richtigen Rahmen schafft, damit Handwerksbetriebe wachsen können.
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Türen, Treppen, Küchen, Möbel, Reparaturen – aber auch einen Bestattungsdienst bietet die Tischlerei Bichler an. Für das Handwerksunternehmen war es eine bewusste Entscheidung, sich breit aufzustellen – angesichts geschrumpfter Margen inzwischen allerdings auch eine notwendige.
Lëtzebuerger Journal: Patrick Bichler, können Sie Ihren Betrieb kurz vorstellen?
Unser in Remich gelegener Schreinereibetrieb beschäftigt aktuell 14 Mitarbeiter. Es gibt nichts, was wir nicht machen. Wir haben uns das auf die Fahne geschrieben, um Kunden nicht sagen zu müssen: Dieses oder jenes machen wir nicht. Langweilig wird es uns deshalb nie.
Handelt es sich um einen Familienbetrieb?
Nein, ich habe das Unternehmen 2017 vom Vorbesitzer abgekauft. Der Betrieb dümpelte damals etwas vor sich hin, wenn ich das so sagen darf. Aber wir haben es seither geschafft, ihn auf solide Beine zu stellen. Als ich den Betrieb übernommen habe, waren hier vier Mitarbeitende, und wie gesagt sind wir inzwischen zu vierzehn.
Und könnte daraus einmal ein Familienbetrieb werden?
Wir sind eine Familie mit zwei Kindern. Mit dem Dritten rechnen wir für Oktober. Ich weiß noch nicht, ob sie das Unternehmen einmal übernehmen werden. Ich bin aber davon überzeugt, dass man viel machen kann, um den Kindern diese Aufgabe positiv zu vermitteln.
In den vergangenen Jahren, so hört man, hatten Schreinereien zunehmend mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Wie sehen Sie das?
Ich kann natürlich nur für meinen Betrieb sprechen. Wir sind hauptsächlich in der Renovierung tätig. Das bedeutet, dass man sein Handwerk beherrschen muss, dass es auf Details und saubere Ausführungen ankommt. Und ich glaube, das hebt uns vielleicht ein Stück weit von anderen ab: Wir können direkt zum Kunden fahren, [die Arbeit machen] und danach muss niemand mehr kommen, um etwas auszubessern oder in Ordnung zu bringen.
"Ich weiß nicht, ob das Handwerk wirklich ganz oben auf der Prioritätenliste der Regierung steht. Und genau deshalb, glaube ich, sind wir auch 'nur' das Rückgrat – aber nicht die treibende Kraft, wenn ich das so sagen darf."
Patrick Bichler, Schreinermeister und Geschäftsführer der Menuiserie Bichler
Was die wirtschaftliche Lage betrifft, muss ich schon sagen, dass wir in den letzten Jahren ein Stück weit an Marge eingebüßt haben. Die Zeiten, in denen man am Ende eines Projekts noch ordentlich Gewinn übrig hatte, sind vorbei. Inzwischen müssen wir aktiv nach Wegen suchen, um wieder rentabler zu werden, um uns wieder größere Sprünge erlauben zu können. Wie sagte mal jemand? "Et wäert dach mol nach erlaabt sinn, e Su ze verdéngen" (Es wird doch wohl noch erlaubt sein, Geld zu verdienen).
Denn wenn ich eine neue Werkstatt bauen will, muss ich gegenüber der Bank auch in der Lage sein, das Darlehen zurückzuzahlen. Dazu muss ich allerdings erst einmal die Möglichkeit erhalten, ein Grundstück zu finden, auf dem ich bauen kann.
Bevor ich auf diesen Punkt zurückkomme: Worauf ist der Rückgang der Margen zurückzuführen? Materialpreise, die Baukrise?
Viele Lieferanten haben ihre Preise erhöht und überall tauchen versteckte Kosten auf, hier eine Händlerpauschale, dort eine Ökoabgabe. Unsere Herausforderung besteht darin, dass wir nach Möglichkeiten suchen müssen, wie wir diese Mehrkosten weiter verrechnen können.
Das ist etwas, das man nicht gesagt bekommt, wenn man sich selbstständig machen will. Jeder sagt: Wir helfen dir. Aber eigentlich trifft das Gegenteil zu. Jeder schaut zu, wie er noch ein Stück vom Kuchen abbekommen oder dem anderen das Leben erschweren kann. Damit haben wir zu kämpfen.
Warum wollen Sie umziehen und wie lange suchen Sie schon einen geeigneten Standort?
Dieses Ziel habe ich mir gesetzt, als ich den Betrieb übernommen habe, denn es war klar, dass dieser Standort (mitten in einem Wohngebiet in Remich, d. Red.) nicht ewig taugen würde.
Vor etwa drei Jahren hatte ich einen Termin beim Bürgermeister, der uns aber sagte, die Gemeinde könne uns nichts anbieten. Er verwies uns an das interkommunale Syndikat SIAER, in dem Remich vertreten ist, und das das Gewerbegebiet Le triangle vert betreibt, welches allerdings zu diesem Zeitpunkt voll ausgelastet war. In anderen Worten: Wir hatten Pech.
Wir haben uns dennoch bemüht, eine Kandidatur einzureichen, weil wir wussten, dass das Gewerbegebiet möglicherweise erweitert werden sollte.
Wie lange ist das her?
Sicherlich sind drei Jahre vergangen, seitdem wir unsere Kandidatur eingereicht haben. Zwischendurch waren Nationalwahlen. Mit der neuen Regierung änderte das Konzept für den Ausbau des Gewerbegebiets wieder und damit auch die Bestimmungen, sodass wir eine neue Bewerbung erstellen mussten.
Nach aktuellem Stand befindet sich unser Dossier noch in der Auswertung. Bisher hat noch kein Betrieb eine Zusage erhalten, es gab aber bereits Absagen. Von daher bin ich weiterhin zuversichtlich, in Ellingen ein neues Atelier bauen zu können.
Erst wenn ich eine Zusage für ein Grundstück erhalte und ich weiß, wie viel Ar mir zur Verfügung stehen, kann ich einen Architekten mit der Gebäudeplanung beauftragen. Damit kann ich dann bei einem Bauunternehmen einen Kostenvoranschlag beantragen, mit dem ich dann die Bank fragen kann, ob sie bereit ist, mit mir zusammen dieses Projekt anzugehen.
Zweifelsohne ist eine neue Niederlassung eine der wichtigsten Entscheidungen, die ein Unternehmen jemals in seiner Geschichte trifft?
Ja. Und es ist eine Kostenfrage. Bei den heutigen Preisen muss man sich den Bau eines neuen Ateliers auch leisten können.
Wenn ich – ich stelle diese Zahl jetzt einfach mal in den Raum – ein Projekt von drei Millionen Euro angehe und im Monat 15.000 Euro an die Bank zurückzahlen muss, dann müssen diese 15.000 Euro erst einmal am Monatsende übrig bleiben.
Und unsere Mitarbeiter wollen auch genug verdienen, um ihre Familien zu ernähren und das Leben führen zu können, das sie sich vorstellen.
"Wenn man sich selbstständig machen will [, sagt jeder]: Wir helfen dir. Aber eigentlich trifft das Gegenteil zu. Jeder schaut zu, wie er noch ein Stück vom Kuchen abbekommen […] kann."
Patrick Bichler
Konkret bedeutet die Ansiedlung im Gewerbegebiet: Das Unternehmen bezahlt die Konstruktion und darüber hinaus eine Pacht für das Grundstück?
Ja, es handelt sich um einen Erbpachtvertrag (bail emphytéotique), das heißt, ich miete das Grundstück für 20 oder 25 Jahre und zahle einmalig einen Betrag dafür. Dieser Vertrag kann natürlich erneuert werden.
Bis es so weit ist, müssen Sie sich aber wohl noch in Geduld üben…
Es war von Anfang an klar, dass eine Erweiterung eines Gewerbegebiets zehn oder zwanzig Jahre dauern kann. Den letzten Informationen nach, die mir zu Ohren gekommen sind, wurden mit allen Grundstückseigentümern Einigungen gefunden, was ein gutes Signal wäre. Allerdings rollen dort immer noch keine Bagger.
So lange müssen wir uns weiterhin durchkämpfen, mit wenig Platz und immer neuen Auflagen. Jeder sagt: Du musst, du musst, du musst. Aber niemand sagt uns, wie (lacht).
Sie haben es gesagt: Sie wollen dieses Wohngebiet verlassen. Man hört aber auch, dass die Gemeinden Betriebe aus den Ortschaften herausbekommen wollen. Haben Sie auch diesen Eindruck?
Über Umwege habe ich gehört, dass Betriebe, die in einem Ort angesiedelt waren, dort auch bleiben dürfen, jedoch nur so lange, wie sie nicht ausbauen oder Modernisierungsarbeiten durchführen.
Ich habe viel Laufkundschaft, Menschen aus der Nachbarschaft, die zu Fuß einen Stuhl zum Verleimen mitbringen. Wenn ich jetzt in ein Industriegebiet ziehe, dann ist für manche Leute der Weg zum Recyclinghof vielleicht kürzer.
Ein Blick in die Region zeigt: Alle umliegenden Gewerbegebiete wie Mertert oder Grevenmacher sind mittlerweile an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen. Warum ist es für ihr Unternehmen wichtig, regional verankert zu bleiben?
Wormeldingen auch.
Ich bin in Ellingen aufgewachsen, in Remich habe ich viele Jahre Fußball gespielt und war bei den Pfadfindern. Ich bin also von hier und habe hier den Großteil meiner Kundschaft. Von daher ist es normal, in der Region bleiben zu wollen.
Wann hoffen Sie spätestens in das neue Gebäude umziehen zu können?
Als ich den Betrieb 2017 übernommen habe, habe ich mir gesagt: In zehn Jahren muss ich neu gebaut haben. Das wäre also 2027. Ich glaube, das wird etwas knapp… Wir könnten uns glücklich schätzen, wenn wir binnen der kommenden drei bis fünf Jahre mit dem Bau beginnen könnten.
Die Regierung sagt: Wir müssen wettbewerbsfähiger werden, die Wirtschaft dreht nicht richtig. Andererseits gibt es viele Handwerksbetriebe, die, obwohl sie von Politiker*innen immer wieder als das Rückgrat der Wirtschaft bezeichnet werden, um eine abgegriffene Floskel zu bemühen, hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben: Weil es an Kapazitäten in vielen Gewerbegebieten fehlt, können sie nicht expandieren und also auch nicht ihren Geschäftsplan umsetzen. Hat die Politik in diesem Punkt versagt?
Ich denke, es handelt sich um eine Frage der Prioritäten. Ich weiß nicht, ob das Handwerk wirklich ganz oben auf der Prioritätenliste der Regierung steht. Und genau deshalb, glaube ich, sind wir auch "nur" das Rückgrat – aber nicht die treibende Kraft, wenn ich das so sagen darf.
Und ich weiß auch nicht, ob irgendeine Regierung – egal welche – uns wirklich als Teil der Zukunft sieht. Ich habe eher den Eindruck, dass sehr viel Energie und Mittel in Start-ups fließen. Doch auch in den Handwerksberufen, denen nachgesagt wird, zunehmend zu verschwinden, weil niemand sie ausüben will, steckt Potenzial. Das wird ein Stück weit vergessen.
Und ja, es ist schon so, dass wir hier in Luxemburg ein Platzproblem haben. Das ist nichts Neues. Und das ist, denke ich, auch parteiübergreifend ein Thema, für das es momentan keine klare Lösung gibt. Aber es gab in der Vergangenheit auch Projekte, – ohne jetzt Namen zu nennen – denen viele Steine in den Weg gelegt wurden (womit er meint, dass sie aufgrund von Umweltauflagen nicht vorangekommen sind, d. Red.).
Ist dieses Planungsdefizit nicht geschäftsschädigend?
Ich weiß nicht, ob "geschäftsschädigend" zutrifft, aber es bremst uns. Wir wollen, aber wir können nicht. Ich möchte niemandem die Schuld geben, ich wüsste auch nicht, wem. Aber ich weiß, dass solche Projekte ihre Zeit benötigen. Ich denke, es ist normal, dass Grundstücksbesitzer einen möglichst hohen Preis erzielen wollen, der Staat aber nicht unbedingt bereit ist, jeden Preis zu zahlen. Die Regierung ist ein Teil des Puzzles, die Gesellschaft allerdings auch.
"Wir könnten uns glücklich schätzen, wenn wir binnen der kommenden drei bis fünf Jahre mit dem Bau beginnen könnten."
Patrick Bichler
Wie steht es um den Fachkräftenachwuchs?
Ich habe mir vorgenommen, junge Leute zu unterstützen, die den Schreinerberuf erlernen wollen. Ich selbst stamme nicht aus einer Handwerkerfamilie. Trotzdem haben mein Umfeld und meine Eltern mich auf diesem Weg unterstützt. Deshalb sehe ich es als meine Pflicht, dieses Wissen weiterzuvermitteln.
Man muss allerdings auch betonen, dass die Ausbildung Kosten verursacht. Man muss sich Zeit nehmen. Dann stellt sich die Frage, ob ein junger Luxemburger, der eine Ausbildung antritt, auf Dauer im Betrieb bleibt. Daran habe ich Zweifel.
Sie sprechen an, dass es junge Leute eher in den öffentlichen Dienst zieht?
Ganz klar. Daraus wird nicht mal mehr ein Geheimnis gemacht. Ich hatte jemanden, der mir gesagt hat: Ich möchte bei ihnen arbeiten. Ich habe den Schreinerberuf erlernt, aber ich muss zwei Jahre im Privatsektor arbeiten, bevor ich die Aufnahmeprüfung bei der Polizei antreten kann.
Im Klartext: Es fehlt an Nachwuchs, der den Schreinerberuf lernen will, um in diesem Beruf zu bleiben.
Definitiv. Noch kommen wir mit dieser Situation zurecht. Aber es könnten definitiv mehr Bewerbungen reinkommen, wenn wir Stellen ausschreiben.
Was würden Sie sich wünschen? Wie könnte man das Handwerk besser unterstützen?
Eine Art Börse für freie oder frei werdende Grundstücke in Gewerbegebieten wäre sinnvoll. Dass Betriebe also bei der Handwerkerkammer anrufen können, um herauszufinden, wo sich Möglichkeiten ergeben. Das würde die Betriebe entlasten, weil sie nicht selbst zum Telefon greifen müssen und Gewerbegebiet für Gewerbegebiet abgrasen müssen.
Denn man darf nicht aus den Augen verlieren, dass wir nicht jeden Tag zur Arbeit kommen, um uns Gedanken über die Zukunft des Betriebs zu machen. Wir kommen jeden Tag zur Arbeit, um für unsere Kunden zu arbeiten.