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Das Lëtzebuerger Journal feiert bereits seinen zweiten digitalen Geburtstag. Wir haben unseren Platz in der Medienlandschaft gefunden, uns weiterentwickelt und sind bereit für 2023. Das alles wäre ohne die Menschen, die uns ihre Erfahrungen und Sichtweisen schildern, nicht möglich. Zu diesem Anlass hat sich jedes Teammitglied einen Beitrag ausgesucht, dessen Geschichte ihn oder sie in diesem Jahr nicht losgelassen hat.
Was haben Beipackzettel und Jahresrückblicke gemeinsam? Man kommt nicht daran vorbei, aber nur die Wenigsten lesen sie.
Wir versuchen es trotzdem. Wo jedoch anfangen, wenn der Anfang von 2022 schon so lange in der Vergangenheit liegt? Am besten am Anfang, aber da das Jahr sowieso zu Ende ist, blicken wir lieber in die Zukunft. Immerhin kommt der Erfinder der Science-Fiction-Literatur, ein gewisser Hugo Gernsback, ja aus Luxemburg, genauer aus Bonneweg, was inzwischen bekanntermaßen so was wie die Personifizierung der Gentrifizierung ist, also ein Hotspot für schnauzbärtige Duttträger*innen, aber darum soll es in unserem Jahresrückblick, der ja – wir erinnern uns – eher ein Ausblick ist, nicht gehen.
Der Tradition zuliebe blicken wir dann aber trotzdem kurz zurück. Also: Geprägt war das zurückliegende Post-Corona-Jahr aus unserer Sicht erstens durch den unendlichen, megageilen Supersommer, der uns eine knackige Bräune bescherte, zweitens durch die Rückkehr der Schueberfouer, die uns massenhaft peinliche Politiker*innenselfies schenkte, sowie, drittens, die Esch-2022-Chose, die uns derart oft in die angebliche Minettemetropole fahren ließ, dass wir uns nur wundern können.
Nach Esch 2022 gefahren sind wir allerdings nicht wegen der sogenannten Kultur, denn die ist bei uns in der Hauptstadt um einiges kultureller, sondern wegen der eigens für das Event kreiierten Pizza Esch, eine lecker Diavola mit Knoblauch und Anchovis, für die der Escher Kulturschöffe deutliche Worte fand: „Ist Esch zu stark, bist Du zu schwach“.
Mit Escher*innen gesprochen haben wir bei unseren Esch-Abstechern übrigens auch, allerdings nicht unbedingt über Esch 2022, sondern zumeist über Gott und die Welt, wie unser Jahresrückblicksfoto mit der Escher Linkenlegende André Hoffmann anklingen lässt.
„2022 ist Geschichte. Blicken wir nach vorn, denn dort erwartet uns ein feuchter Traum.“
Sei’s drum! 2022 ist Geschichte. Blicken wir nach vorn, und was uns dort erwartet, das ist, wir können es kaum erwarten, ein doppeltes Wahljahr – für uns, die wir Politik mit der Muttermilch aufgesogen haben, natürlich ein feuchter Traum, wie er triefender nicht sein könnte. Im Juni erst die Kommunen, und dann, vier Monate später, das Abgeordnetenhaus und die Regierung. Höchstwahrscheinlich – und die CSV muss jetzt stark wie die Escher Pizzaesser sein – läuft es aber auf die dritte Auflage von Blau-Rot-Grün hinaus.
Ab sofort, spätestens aber ab demnächst, werden die Politiker*innen folglich wieder ganz, ganz nah an den Bürger*innen sein, auch wenn diese eigentlich Mundgeruch haben, aber in einem Land, in dem das Panaschieren Usus ist, und in dem es mehr auf die persönliche Sympathie als auf das Wahlprogramm ankommt (Wahlprogramme lesen nur pensionierte Lehrer*innen und dazu verdonnerte Journalist*innen), ist das wohl nicht zu vermeiden.
Wer fortan also einfach nur vor die Tür geht, der muss damit rechnen, dort auf wahlkämpfende Politiker*in zu stoßen (Xavier on Tour, Paulette on Tour, Samantha on Tour, Claude (Luc? Gilles?) on Tour, Robbie Williams on Tour …, ähm, das ist eine andere Geschichte), die, wenn sie im Rudel auftreten, bekanntlich noch schwieriger abzuschütteln sind.
Nach dem 8. Oktober werden sich selbige dann aber Gott sei Dank wieder diskret verkrümeln. Uff!