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Das Lëtzebuerger Journal feiert bereits seinen zweiten digitalen Geburtstag. Wir haben unseren Platz in der Medienlandschaft gefunden, uns weiterentwickelt und sind bereit für 2023. Das alles wäre ohne die Menschen, die uns ihre Erfahrungen und Sichtweisen schildern, nicht möglich. Zu diesem Anlass hat sich jedes Teammitglied einen Beitrag ausgesucht, dessen Geschichte ihn oder sie in diesem Jahr nicht losgelassen hat.
Unser digitales Magazin ermöglicht es uns mehr denn je, den Fokus auf Geschichten zu legen, die in anderen Medien kaum oder nicht ausreichend behandelt werden. Denn uns liegt es am Herzen, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Mir geht es darum, die großen Vergessenen des luxemburgischen Wirtschaftswunders ins Rampenlicht zu stellen. Diejenigen, deren Alltag nicht den in internationalen Rankings gepriesenen Wohlstand widerspiegelt.
Es gibt auch die Vergessenen der medizinischen Forschung. Die Hälfte der Bevölkerung, die noch allzu oft als Kopie des Standardmodells, des Alphamännchens, angesehen wird. Anhand von zwei Artikeln, von denen einer den Wechseljahren und der andere der Behandlung von Frauen mit ADHS (Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung) gewidmet ist, wird eines deutlich. Die Medizin hat erst vor kurzem erkannt, dass Frauen mehr verdient haben, als eine menschliche Unterklasse zu sein, dass hormonelle Veränderungen nicht nur ein Nachteil in medizinischen Studien sind, sondern ein echter Faktor, der bei verschiedenen Behandlungen berücksichtigt werden muss.
Ein Meilenstein in diesem Jahr war die Begegnung mit der Psychiaterin Dr. Sandra Kooij, die eigens aus den Niederlanden angereist war. Diese hatte in einer von ihr selbst durchgeführten Studie herausgefunden, dass der Hormonzyklus die Symptome von ADHS bei Frauen stark beeinflusst. Das ist erst zwei Jahre her. Eine Entdeckung, die den Alltag von Millionen von Frauen auf der ganzen Welt verändern könnte. Noch dazu hätte man sich mit ihnen beschäftigen müssen.
„Die Medizin hat erst vor kurzem erkannt, dass Frauen mehr verdient haben, als eine menschliche Unterklasse zu sein, dass hormonelle Veränderungen […] ein echter Faktor sind, der bei verschiedenen Behandlungen berücksichtigt werden muss.“
Dasselbe gilt für meinen Artikel über die Menopause. Solange Frauen fruchtbar sind, sind sie für Ärzte interessant. Sobald diese Zeit vorbei ist, gibt es nichts mehr zu sehen. Diese Lebensphase, die genauso einschneidend ist wie die Pubertät, wird unter den Teppich gekehrt. Auf einer Konferenz in Luxemburg konnte Dr. Rouguiatou Sow, Kardiologin am CHL, schonungslose Zahlen präsentieren: Nein, Herzinfarkte passieren nicht nur übergewichtigen Männern in den Fünfzigern. Auch Frauen in den Wechseljahren sind massiv betroffen. Der Grund dafür sind immer die verdammten Hormone, die eine wichtige Schutzfunktion haben. In den Wechseljahren treten sie in den Hintergrund und Frauen sind dann einem höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ausgesetzt.
Dank der Initiativen von Ärzten, die versuchen, die Dinge in Bewegung zu bringen, zeichnen sich Lösungen ab. Es wird also einfacher und in größerem Umfang über „weibliche“ Probleme gesprochen. Denn auch das ist es, was wir in der Zeitung tun wollen: Lösungen aufzeigen, um voranzukommen. Gemeinsam.