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Schon wieder ist ein Jahr vergangen. Schon wieder so ein stinklangweiliger Jahresrückblick, wobei so eine Rückschau jedoch nicht unbedingt langweilig sein muss. Insbesondere dann, wenn es dabei um so was wie den Papst und sein Acht-Stunden-Stopover in Luxemburg geht. Pascal Steinwachs ist immer noch leicht echauffiert.
Zuallererst ein Geständnis: Wir sind zwar noch nicht so alt, dass wir unsere Sonntagabende vor dem Fernseher verbringen, aber hin und wieder, wenn sonst nichts ansteht, schauen wir uns dann doch ganz gerne den Tatort an. So auch vor zwei Wochen, als es in der Krimireihe um die realen Verbrechen der Pädokriminalität in der katholischen Kirche ging, und der diensthabende Kommissar auf einmal feststellen muss, dass er gegen eine Riesenorganisation ermittelt: "Extrem straff geführt, nach außen abgeschottet und nur ihren eigenen Regeln folgend", worauf ein nicht anwesender Kollege am Telefon wissen will, ob er jetzt von der Mafia spreche.
Als wir das sahen, da mussten wir tatsächlich sofort an den Luxemburg-Abstecher des Papstes denken. Der war zwar ultrakurz, hatte es aber in sich. Wer sich nämlich erwartet hatte, dass Franziskus hier die Missbrauchsfälle innerhalb der Kirche ansprechen würde, die es natürlich auch hierzulande gab, der wurde bitter enttäuscht. Dazu sagte der Pontifex in Luxemburg kein Wort.
Stattdessen rief er die Luxemburger*innen bei seiner offiziellen Rede im Cercle Cité, der neben den oberen Kirchenmännern und der sehr gläubigen großherzoglichen Familie ebenfalls die wahrscheinlich nicht ganz so gläubigen Notabilitäten aus Politik und Gesellschaft beiwohnten, unverblümt dazu auf, doch bitte mehr Kinder zu bekommen: "Wir brauchen mehr Kinder. Sie sind unsere Zukunft. In Italien sage ich immer: weniger Hündchen, mehr Kinder. Hier sage ich nur mehr Kinder."
Und wie reagierten die Anwesenden? Gar nicht! Bis auf ein paar mutige Feministinnen, die die Papstaussage anschließend kritisierten, gähnende Stille, aber so ganz angekommen ist die hierzulande bereits 2018 vollzogene Trennung von Kirche und Staat sowieso immer noch nicht, ansonsten man Franziskus bei seinem Acht-Stunden-Stopover in der Hauptstadt wohl kaum so behandelt hätte, als wäre er tatsächlich ein Stellvertreter Gottes, wer immer das auch sein soll.
"Der Papst, unser Kardinal und der ganze Verein – sie lernen es wirklich nie …"
Regelrecht schockiert waren wir indes über ein Interview, das Kardinal Hollerich, also der höchste Kirchenmann Luxemburgs, im Vorfeld des Papstbesuchs einer Tageszeitung gegeben hatte. Auf die Frage, warum der Papst im Zusammenhang mit den US-Wahlen denn gemeint habe, Menschen sollten das kleinere Übel wählen, und was denn böse an Kamala Harris sei, entgegnete Hollerich, dass es um die Abtreibungsfrage gehe. "Ich sage nicht, dass Frauen bestraft werden sollen. Ich kann verstehen, wenn jemand die falsche Entscheidung trifft, aber es bleibt die falsche. Die Entscheidung ist immer für das Leben und ich finde es barbarisch, wie wir mit dem ungeborenen Leben umgehen." Und dann wird der Luxemburger Kardinal auch noch gefragt, ob er denn Ausnahmen im Falle von Vergewaltigung und Inzest akzeptieren würde: "Nein. Ich bin immer für das Leben. Auch wenn ich verstehe, dass der Staat einer Frau nicht vorschreiben kann, was sie zu tun hat."
Da fehlen uns immer noch die Worte!
Direkt nach Luxemburg gondelte der Heilige Vater übrigens nach Belgien weiter, wo die Autoritäten allerdings nicht alle derart vor Ehrfurcht erstarrten, wie das in Luxemburg der Fall war. So forderte Belgiens Ministerpräsident Alexander De Croo gar direkt bei der Begrüßung konkrete Schritte von Franziskus zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche – Worte würden hier nicht genügen. Und sogar der König war sich nicht zu schade, das Missbrauchsthema anzusprechen.
Für Empörung sorgte der Papst tags darauf dann auch bei seiner Rede an der katholischen Universität Löwen, in der er auf die Stellung der Frau in der Kirche und in der Gesellschaft einging und dabei die Meinung vertrat, dass Weiblichkeit für "fruchtbare Aufnahme, Fürsorge und lebensspendende Hingabe" stehe, worauf die Universität sich umgehend von Franziskus distanzierte. Gut so!
Weniger Hündchen, mehr Kinder … Der Papst, unser Kardinal und der ganze Verein – sie lernen es wirklich nie …