Diesen Artikel hören
Der Jahreswechsel ist eine passende Gelegenheit, auf das Jahr zurückzublicken, das hinter uns liegt. Für das Journal-Team bedeutet das: zurückschauen auf mehr als 600 veröffentlichte Artikel und Podcasts sowie mindestens dreimal so viele geführte Interviews. Jedes Teammitglied hat den Beitrag ausgewählt, der ihn oder sie im Jahr 2023 am meisten geprägt hat.
Same procedure as every year: Wenn sich das Jahr dem Ende zuneigt, oder, wie in unserem Fall, wenn es bereits den Weg alles Irdischen gegangen ist, dann ist es an der Zeit, das Hier und Heute dazu zu nutzen, ein klein bisschen auf die Vergangenheit zurückzublicken und, wenn man ganz mutig ist, vielleicht auch noch einen kurzen Blick in die Zukunft zu wagen. Zukunft ist bekanntlich immer gut, zumal in einer Gegenwart wie der jetzigen …
Was wir eigentlich sagen wollen: Auch wenn man im Leben immer nach vorne schauen sollte, kann ein gelegentlicher Blick zurück nicht schaden. Freilich haben wir im verflossenen Jahr derart viel geschrieben, dass wir fast schon vergessen haben, was wir denn so alles geschrieben haben.
Einigermaßen in Erinnerung ist uns jedoch noch unser 75. Geburtstag, wobei mit unser in diesem Fall ausnahmsweise einmal nicht wir, sondern das Lëtzebuerger Journal gemeint ist. Allerdings müssen wir zugeben, dass wir an dieser Stelle kurz mal nachsehen mussten, ob wir jetzt 50, 60, 70 oder 75 Jahre alt wurden. Eigentlich egal: Die Geburtstagssause war grandios, sogar der Großherzog machte uns seine Aufwartung.
International gesehen war 2023 aber leider mal wieder so ein Jahr, das es besser nicht gegeben hätte. Der Krieg in der Ukraine tobt noch immer, und der Nahe Osten ist dabei, endgültig zu explodieren. Auf der nach oben offenen Katastrophenskala nimmt 2023 jedenfalls jetzt schon einen Ehrenplatz ein.
"Wir haben im verflossenen Jahr derart viel geschrieben, dass wir fast schon vergessen haben, was wir denn so alles geschrieben haben."
Nationalpolitisch gesehen war 2023 aber natürlich erste Sahne. So ein Superwahljahr mit Gemeinde- und Parlamentswahlen kurz hintereinander gibt es ja nicht alle Tage.
Wir nutzten auf jeden Fall die Gelegenheit, und gingen mit den Spitzenkandidat*innen der vier großen Parteien spazieren.
Mit Amtsinhaber Xavier Bettel (DP) waren wir nach dem Spaziergang im Museum. Allerdings muss er alle paar Meter stehen bleiben, um Selfies zu machen, wird er inzwischen doch sogar schon von Tourist*innen erkannt: "Ich brauche die Leute. Wenn ich während einigen Tagen keinen Menschen sehe, dann fehlt mir was. Ich brauche den Kontakt, ich brauche den Austausch. Ich bin menschensüchtig".
Mit LSAP-Spitzenkandidatin Paulette Lenert waren wir zum Interview im Café Interview: "Ich bin ein ruhiger Mensch. Ruhig sein, wird ja irgendwie als Schwäche gedeutet. Dass man keine Meinung hat. Ich brülle ja nicht einfach drauf los. Ich bin nicht diejenige, die etwas sagt, ohne vorher zu überlegen. Egal was für Eigenschaften man hat, in der Politik wird immer das Negative gesucht".
Mit der grünen Spitzenkandidatin Sam Tanson waren wir in der Escher Konschthal, wo sie noch einmal mit Nachdruck unterstrich, dass die Grünen keine Verbotspartei sind: "Es gibt Regeln, aber die hat man überall, nicht nur im Umweltbereich. Unsere Gesellschaft lebt davon, dass wir Regeln haben. Es sind ja nicht die Grünen allein, die die Regeln machen".
Und mit CSV-Spitzenkandidat Luc Frieden waren wir schließlich in einer Bäckerei, auch wenn das mit dem Kleine-Brötchen-backen noch nie dessen Ding war: "Ich bin der Meinung, dass man in jeder Organisation einen Kapitän braucht. Leadership im positiven Wortsinn: eine Entscheidung treffen, und die Leute mitnehmen. Ich mache das gerne."
Das Rennen gemacht hat bekanntlich Luc Frieden. Seine Partei gilt ja als große Gewinnerin der Kammerwahlen, obwohl sie immer noch 21 Sitze hat, genauso viel wie 2018, wo sie mit 21 Sitzen allerdings als große Verliererin galt. Da verstehe einer die Welt.
Was uns bei unserem Nachmittag mit Luc Frieden neben seinem unerschütterlichen Selbstvertrauen am meisten überrascht hat? Dass sein Lieblingsfilm Notting Hill ist, die leicht kitschige Romantikkomödie mit Julia Roberts und Hugh Grant. Ist der Mann, dem jahrelang nachgesagt wurde, ein kaltes Herz zu haben, also in Wirklichkeit ein knallharter Romantiker? Nun, die Zukunft wird es zeigen, wobei die ersten Schritte des neuen Premierministers aber eher unromantisch sind …
Apropos Zukunft: Viel spannender als das, was war, ist aber natürlich das, was kommt, aber das können wir, die wir keine Glaskugel haben, leider auch nicht sagen.
Was wir jedoch wissen, das ist, dass auch 2024 immer wieder die Sonne aufgeht, und das ist auch gut so …