Warum Luxemburg die Freiheit zur Abtreibung in die Verfassung schreiben will
Von Christian Block, Lex Kleren
Im Parlament zeichnet sich eine breite Mehrheit ab, die sich für die Verankerung der Freiheit zur Abtreibung in der Verfassung aussprechen wird. Warum geht der Gesetzgeber diesen Weg? Wie lautet der genaue Vorschlag? Was sind die Knackpunkte? Ein Überblick in neun Punkten.
Worum geht's?
Am 7. Mai 2024 hat der déi Lénk-Abgeordnete Marc Baum einen Vorschlag zur Abänderung der Verfassung eingebracht. Zwar gebe es einen rechtlichen Rahmen, der Frauen das Recht auf Abtreibung eröffne. Doch so lange sei das noch nicht her, sagte Baum im Plenum. "Vor zehn Jahren wurde die Abtreibung unter bestimmten Bedingungen hier im Land legalisiert. Allerdings haben wir in jüngster Vergangenheit in verschiedenen Ländern gesehen, wie schnell ein rein gesetzlicher Rahmen von einer knappen Mehrheit gekippt werden kann. […] Indem wir das Recht auf Abtreibung und Verhütung in der Verfassung verankern, kann Luxemburg ein klares Zeichen setzen, dass unser Land seine Frauen, ihre Wahl und ihre Fähigkeit, eigene Entscheidungen zu treffen, ernst nimmt und respektiert."
Damit setzte der Oppositionspolitiker die Regierung unter Zugzwang. Denn Letztere hatte, wie Baum in Erinnerung rief, in Person von Gesundheits- und Sozialversicherungsministerin Martine Deprez (CSV), eine Woche zuvor ausgesagt, im Koalitionsabkommen sei keine Verfassungsänderung vorgesehen "a sech dofir d'Fro vun enger Verfassungsännerung net stelle géif" – die ihr zuvor von der LSAP-Fraktionsvorsitzenden Taina Bofferding gestellt worden war.
Was ist der Hintergrund?
Baums Vorschlag ist vor allem im Kontext vom Wiederaufkommen politischer Kräfte zu sehen, "die die Uhren der Geschichte erneut zurückdrehen und Frauen zu Menschen zweiter Klasse degradieren wollen", wie er sich ausdrückte. Bestrebungen dieser Art haben EU-weit politische Reaktionen ausgelöst.
So forderten, vor dem Hintergrund von Rückschritten bei Frauenrechten sowohl innerhalb wie außerhalb der EU die Abgeordneten des Europa-Parlaments den Rat im April 2024 mehrheitlich (336 gegen 136 Stimmen bei 36 Enthaltungen) dazu auf, "die sexuelle und reproduktive Gesundheitsversorgung und das Recht auf sichere und legale Abtreibung in die Charta der Grundrechte der EU aufzunehmen". Es war nicht der erste Vorstoß dieser Art.
In Luxemburg hatte das Parlament bereits im Juni 2022 mit 56 Ja-Stimmen bei den vier Gegenstimmen der adr vor dem Hintergrund der Aufhebung der als Roe v. Wade bezeichneten Grundsatzentscheidung durch den US-Supreme Court eine von der DP-Politikerin Carole Hartmann eingebrachte Resolution angenommen. Damit "verurteilte" das Hohe Haus "jede Initiative, die darauf abzielt, den Zugang zu einer legalen und sicheren Abtreibung zu verbieten, zu kriminalisieren oder einzuschränken" und engagierte sich u.a. zu einer "Pro-Choice-Politik" sowie "jede Maßnahme zu unterstützen, die darauf abzielt, eine qualitativ hochwertige Versorgung zu gewährleisten und die Wahlfreiheit sowie die Würde der Frau respektiert".
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