Wohnungskrise: Warum die Gemeinden oft nicht bauen (können)
Von Christian Block, Lex Kleren, Misch Pautsch
Trotz Wohnungskrise bleibt Bauland vielerorts ungenutzt. Syvicol-Präsident Emile Eicher erklärt, warum das so ist, vor welchen Hindernissen manche Gemeinden stehen und ob die Akzente der Regierung Abhilfe schaffen können.
Emile Eicher ist seit mehr als 13 Jahren Präsident des Gemeinde- und Städtebunds Syvicol und kann auf eine fast 30-jährige Laufbahn als kommunales Oberhaupt zurückblicken, zunächst als Bürgermeister von Munshausen, dann von der Fusionsgemeinde Clerf, wo er heute noch Schöffe ist. Zudem vertritt er die CSV in der Abgeordnetenkammer. Das Journal hat den Bürgermeister der Bürgermeister*innen Mitte Juli zum Gespräch getroffen.
Lëtzebuerger Journal: Herr Eicher, warum bauen die Gemeinden nicht mehr Wohnungen?
Weil sie unterschiedliche Finanzen haben. Es gibt eine Reihe von Gemeinden, die enorme Probleme mit der Finanzierung von Projekten haben, die sie unbedingt benötigen, wie der Bau von Schulen oder die Instandsetzung von Infrastrukturen. Insbesondere für ländliche Gemeinden ist es extrem schwierig, das Elementare zu meistern. Und fast alle Gemeinden wurden ein wenig vom Wachstum überrollt. Die meisten Gemeinden haben Schulen gebaut oder sind noch dabei. Das ist ein enormer Kostenpunkt. Und dann kommen die Infrastrukturen an die Reihe, ob das jetzt eine Kläranlage ist, die Wasserversorgung oder einfacher Straßenbau. Enorme Summen stehen auf dem Spiel und nicht jede Gemeinde hat die gleichen Chancen, um überhaupt bauen zu können.
Allerdings ist es jetzt auch so, dass das Gesetz geändert wird und wir für Investitionen höhere Zuschüsse erhalten werden (die Gemeinden können künftig die "rémunération du capital investi" erhalten, was einen zusätzlichen finanziellen Anreiz darstellt, d. Red.). Das wird einige Gemeinden ermutigen, selbst aktiv zu werden. Wir haben auch nie verstanden, warum Gemeinden nicht die gleichen Chancen eingeräumt wurden wie beispielsweise einer Kirchenfabrik (die bis 2018 das Vermögen von Kirchen verwalteten, d. Red.).
Es bleiben jedoch Probleme wie die vielen Auflagen, die zum Teil heute noch bestehen, die relativ heftig sind und das Bauen nicht unbedingt billiger machen.
Hinzu kommt, dass sich die Ansprüche und auch die Nachfrage der Menschen enorm verändert haben. Wir bauen heute nicht mehr wie vor 20 Jahren. Wir müssen dem Rechnung tragen, dass die Gesellschaft sich stark verändert hat und wir viele Alleinerziehende haben. Dementsprechend muss auch anders gebaut werden.
In der Tat zeigen Statec-Daten, dass in Luxemburg inzwischen fast genauso viele Ein-Personen-Haushalte leben wie Zwei-Personen-Haushalte (2021). Ist die Art und Weise, wie wir bauen, an diese gesellschaftliche Entwicklung angepasst?
Das ist das, was ich eben meinte. Diese Entwicklung ging rapide vonstatten und die Art und Weise, wie wir bauen, hat sich diesem Umstand noch nicht genügend angepasst. Man sieht aber, dass intensiver gebaut wird, dass beispielsweise mehr Mehrfamilienhäuser gebaut werden, die mit weniger großen Räumlichkeiten auskommen.
Hinzu kommt, dass sich auch die Gewohnheiten geändert haben. Nicht mehr jeder möchte einen Garten haben. Manche sind damit zufrieden, mit ihren Kindern in den Park zu gehen. Andere wiederum bevorzugen es, die Wiese hinterm Haus mit anderen zusammen gemeinsam zu nutzen. Das spart Grundstücksfläche und trotzdem ist eine Lebensqualität gegeben.
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