Opgepikt – Fiat Lux!

Von Pascal Steinwachs

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Taina springt Fallschirm, Fernand hat einen neuen Stuhl, Xavier redet und redet und redet… – und die „CSV Next Generation!!!“ , die mag keine Frauen. Der satirische Wochenrückblick von und mit Pascal Steinwachs.

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Wochenende

Kunscht ist geil! Wer dachte, er hätte die feuchtfröhliche Eröffnungssause der Esch/Alzetter Konschthal vom vorigen Wochenende einigermaßen verdaut, der musste am letzten Samstag schon wieder ran. Diesmal zur sogenannten Museumsnacht in der Hauptstadt, was natürlich all den Leuten, die normalerweise nie freiwillig in ein Museum gehen würden, die perfekte Gelegenheit bot, auch mal ein klein bisschen Kultur zu gucken. Wir, die wir unserer Kultiviertheit wegen sowieso des Öfteren in Museen rumlungern, blieben an diesem Abend natürlich zu Hause.

Nicht ganz so gediegen wie bei der Sehen-und-Gesehen-werden-Museums-Veranstaltung ging es hingegen am Vorabend im Limpertsberger Tramsschapp zu, wo die im Hohen Haus auf Krautmarkt vertretenen Parteien zu einer Informationsversammlung über die neue Verfassung eingeladen hatten, die allerdings – Politik ist nun einmal kein Ponyhof - von adr-Anhänger*innen und allerlei Impfgegner*innen gecrasht wurde.

Mehrere Demonstrant*innen sollen sogar in den Schapp eingedrungen sein, so dass sich adr-Gruppenanführer*in Fernand Kartheiser, dessen Truppe für diesen Abend zu einer Protestkundgebung für ein Verfassungsreferendum aufgerufen hatte, von einem Teil der Protestler*innen distanzieren musste. Und das Ungeheuerlichste, das mussten wir im Wort lesen: „Bei der Fragestunde im Saal ging es bisweilen nicht um die Verfassung. Immer wieder stellten Bürger Fragen zur Pandemie, vor allem aber zu einer möglichen Impfpflicht. Auch unter den Demonstranten waren viele Impfgegner.“ Wer hätte das gedacht …

Eher angetütert als impfgegnerisch ging es derweil beim Reel-Treffen in München zu, zu dem sich neben einiger Handvoll großherzoglicher Student*innen unter anderem auch der liberale Bildungsminister Claude Meisch und Grün*innen-Co-Präsident*in Djuna Bernard in der bajuwarischen Metropole eingefunden hatten. Der Minister war jedenfalls begeistert („Flotten Austausch mat lëtzebuerger Studenten - op der Table ronde a beim Patt“, wie er auf Twitter schrob), die Co-Präsident*in bestimmt auch.

Und was machte Innen- und Gleichstellungsministerin Taina Bofferding? Fallschirmspringen, was sonst! Ein Beweisfoto befindet sich auf Facebook. Beim nächsten Mal geht’s dann – was Captain Kirk kann, das kann Taina schon lange – wahrscheinlich mit Jeff Bezos ins Weltall. Wie sagte doch gleich Newton (der Physiker, nicht das Dackelviech, d. Red.): „Was hoch geht, muss auch wieder runter kommen“. Allez Taina …

„Endlich: Die Chamber ist wieder da, und mit ihr die echten Politfans à la ‚Hallo, Gilles, ich muss sagen, dass du diese enorme Anziehungskraft auf deinem schönen Profil hast.‘“

Montag

Rekordverdächtig ist aber nicht nur der Sprung von Taina Bofferding, nein, rekordverdächtig ist auch der unglaubliche Arbeitseifer der Abgeordneten- und -tinnenkammer, die, man mag es kaum glauben, zwischen Oktober 2020 und Oktober 2021 doch tatsächlich zu 73 öffentlichen Sitzungen zusammenkam, die sich über insgesamt 315 Stunden und 33 Minuten hinzogen! Alle Achtung.

Absolut höchstwertig ist auch die Zahl der parlamentarischen Anfragen, die in der zurückliegenden Session bei 2.094 lag, wie Kammerpräsident Fernand Etgen auf einer Pressekonferenz zum Auftakt der neuen Session sichtlich stolz unterstroch: „Das ist ein neuer Rekord“. Der Generalsekretär der Kammer hatte sogar noch eine weitere Hammermeldung auf Lager: „Wir haben neue Lautsprecher installiert, die über 20 Jahre alten Stühle ausgetauscht und die Glühbirnen erneuert“. Fiat Lux! Toll …

Dienstag

Die erste Sitzung der neuen Session begann indes direkt mit einem Paukenschlag, nämlich mit der sogenannten Erklärung zur Lage der Nation von Staatspremier Bettel, die dieser diesmal unter das Motto „Das Ziel liegt am Weg“ (oder so ähnlich) gesetzt hatte. Ehe Bettel zu seinem Marathonmonolog ansetzte, durfte der Kammerpräsident dann aber noch einige Begrüßungsworte an die vollständig erschienenen Parlamentarier*innen und Minister*innen richten, die zu diesem Anlass natürlich alle ihre beste Kleidung hervorgekramt hatten, gut dufteten (wie uns von bestens platzierten Quellen zugetragen wurde) und frisch frisiert waren. Etgen zeigte sich begeistert, nach dem Corona-bedingten Ausflug auf die Plëss endlich wieder in der richtigen Chamber sitzen zu dürfen („mir sin rëm doheem“), ehe er sich über die neuen Stühle freute, die er in seiner Rede auch extra erwähnte.

Die Erklärung zur Lage der Nation zog sich anschließend jedoch derart lange hin, dass wir in den zwei Stunden, die sie dauerte, das Billy-Regal unserer Nachbarin zusammenzimmerten, und gleichzeitig auch noch Zeit hatten, unsere Waschmaschine ein- und unsere Spülmaschine auszuräumen, unsere Haare zu färben und unsere Achseln zu rasieren, Marmelade zu kochen sowie den Anfang unserer Autobiografie (vorläufiger Arbeitstitel: „Warum wir lieber Auto als Bus fahren – Ein Leben links von der Mittelspur“) zu schreiben.

Was Bettel sagte, war bestimmt von solch eminenter Wichtigkeit, dass wir, vom schlechten Gewissen geplagt, das Ganze dann aber auf Twitter verfolgten, wo das Team des Regierungschefs ein derartiges Feuerwerk an Tweets abschoss – „Mir kucken mat Optimismus an Determinatioun no vir“, „Mir lauden de Paradigmewiessel an der Logementspolitik an“ … - , dass uns ganz heiß wurde. Das Billy-Regal unserer Nachbarin war da aber leider schon zusammengezimmert …

Mittwoch

Dem Tageblatt-Leitartikler war die Erklärung ebenfalls zu lang, und weil er ein Bildungsbürger von echtem Schrot und Korn ist, bemühte er hierzu „den guten alten Montesquieu“: „Ce qui manque aux orateurs en profondeur, ils vous le donnent en longueur“. Ohnedies scheint der Editorialist, der ja auch noch Tageblatt-Chefredakteur und -Direktor in Personalunion ist, von der Profilneurose gestochen worden zu sein, unterschreibt er seine Artikel doch inzwischen mit Dr. Dhiraj Sabharwal. Fehlt nur noch, dass er sich von irgend einem abgehalfterten Adeligen adoptieren lässt, um auch noch einen Prinzentitel zu bekommen.

Finanzminister Pierre Gramegna ist sogar mehrfacher Ehrendoktor, ist aber trotzdem immer noch so zugänglich wie eh und je. Gemeinhin ja eher als Fan von Kopernikus bekannt, zitierte er in seiner diesjährigen Haushaltsrede – jaja, die Chamber reitet diese Woche von Höhepunkt zu Höhepunkt – jedoch den US-amerikanischen Frauenheld John F. Kennedy: „The best time to repair the roof is when the sun is shining“ (für unsere frankofonen Leser*innen: „Ein Dach repariert man am besten, wenn die Sonne scheint“). Wir würden sogar noch weiter gehen: Wer jetzt kein Dach hat, bei dem regnet’s rein. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben.

Seinen Budgetentwurf illustrierte Gramegna, auch hier ganz der Lebemann und Limoncello-Genießer, übrigens mit einem Weinberg, und war auch sonst ziemlich inspiriert: „Den Himmel ass blo a fräi vun deenen méi däischteren Wolleken déi nach iwwert ons houngen“. Einfach herrlich!

Phänomenal aber auch der diesjährige Budgetberichterstatter Dan Biancalana, der vor der Gramegna’schen Intervention vor lauter Vorfreude derart herumhibbelte, herumwibbelte und herumzappelte, als wäre er ein Duracell-Häschen. Irgendwie goldig …

Alles andere als goldig ist hingegen der Co-Fraktionspräsident der CSV, Gilles Roth, der erwartungsgemäß kein gutes Haar am Etatentwurf 2022 (nicht zu verwechseln mit Esch 2022) ließ und gleich ein entsprechendes Video auf seiner Facebook-Seite postete. Sehr zur Freude einer jungen Dame, die umgehend ihrem Entzücken Ausdruck gab: „Hallo, Gilles, ich muss sagen, dass du diese enorme Anziehungskraft auf deinem schönen Profil hast. Normalerweise schreibe ich nicht im Kommentarbereich Ich glaube, du verdienst diesen Kommentar. Kannst du mir bitte eine Freundschaftsanfrage senden, damit wir Freunde werden können. Danke … Küsse“. Claude Wiseler soll schon ganz neidisch sein.

Donnerstag

Gestritten wurde diese Woche in der Chamber aber nicht über den jüngsten Streich von Pierre Gramegna, sondern hauptsächlich über die Lage der Nation, was RTL.lu seiner geschätzten Leser*innenschaft*in und Zuhörer*innenschaft*in mit der glasklaren, an Originalität nicht zu überbietenden Schlagzeile „Luef vu Regierungsparteien, Kritik von Oppositioun“ zu erklären versuchte.

Da war die Tageblatt-Überschrift von ganz anderem Kaliber („Zwischen Schwarzmalerei und Lobhudelei: Parlamentarier debattieren über Bettels Rede“), wobei der Text dann aber in die Vollen ging: „Es war eine langwierige Sitzung, in der selbst die Abgeordneten am Ende nicht mehr ganz wach wirkten – falls sie überhaupt noch anwesend waren“.

„Kindergarten-Kinkerlitzchen“ hat der Journalist ebenfalls ausgemacht: „Die Aneinanderreihung der Fraktionsmonologe wurde von Zwischenrufen begleitet – zuerst, als Premierminister Xavier Bettel während der Ausführung von Martine Hansen zu einem Rundgang durchs Plenum ansetzte, und dann während der Rede von Gilles Baum, als nur noch sechs von 21 CSV-Abgeordnetenanwesend waren. Die gegenseitige Respektlosigkeitsvorwürfe konnten auf zwei Fronten entkräftet werden. Der LSAP-Abgeordnete Mars di Bartolomeo, der den krankheitsbedingt abwesenden Parlamentspräsidenten Fernand Etgen ersetzte, bot sich als Schiedsrichter an, ehe der CSV-Co-Fraktionsvorsitzende Gilles Roth das Kriegsbeil mit einem Teller süßer Pralinen zu begraben wusste.“

Das erklärt so einiges. Nun verstehen wir auch, warum Gilles Roth auf Facebook von jungen Damen angeschrieben wird. Zur „CSV Next Generation!!!“ gehört Roth aber trotzdem nicht mehr, postete der Esch/Alzetter Député-maire Georges Mischo doch diese Woche unter dem eben genannten Motto ein Foto auf Facebook, auf dem neben ihm selbst auch noch die christsozialen Jungspunde und Hoffnungsträger Alex Donnersbach, Serge Wilmes, Max Hengel, Laurent Zeimet und Vincent Reding zu sehen sind – in einem rustikalen Ambiente und vor leer gegessenen Tellern.

Neben all den Mannspersonen ist hier mit Diane Adehm (möglicherweise als Vertretung von Gilles Roth?) jedoch nur eine einzige Frau zu sehen, so dass die „CSV Next Generation!!!“ sehr, sehr männerlastig zu sein scheint. Da war sogar die Breedewee-Generation unter der Führung von Jean-Claude Juncker progressiver, denn die verfügte mit Viviane Reding und Marie-Josée Jacobs seinerzeit wenigstens über zwei Girlies, die den nach oben strebenden Supermachos Paroli zu bieten wussten.

Erinnert sich übrigens noch einer/eine an den 14. Oktober 2018? Das war vor drei Jahren, und an diesem Tag wurde hierzulande mal wieder gewählt, was für die „CSV Old Generation!!!“ bekanntlich zum Desaster geriet.

Freitag

Ziemlich desaströs auch die neueste Hiobsbotschaft aus dem einheimischen Nacht- und Gesellschaftsleben, soll unser allerliebster Stripclub in der, nun ja… Rue Dicks doch anscheinend verkauft werden. Wir sind entsetzt! Was wird nun aus der von uns gesponserten Stange, die dort schon seit einer halben Ewigkeit steht? Entsetzt ist aber mit Sicherheit auch der ein oder andere Spitzenpolitiker, derweil sich die Trauer bei den Politikerinnen und Fallschirmspringerinnen eher in Grenzen halten dürfte. Und Heidi, die würde sich bestimmt sogar freuen, wenn sie denn noch da wäre …

Die beste Nachricht dieser Woche, die haben wir uns für den Schluss aufgehoben: Wir sind UN-Menschenrechtsrat! Auslandsminister Asselborn, der ja auch schon dafür gesorgt hatte, dass wir UN-Sicherheitsrat waren, glüht natürlich vor Stolz: „Wir waren noch nie Mitglied des Rats, weshalb ich mich sehr freue“. Nun müssen wir nur noch Mitglied der G8, wenigstens aber der G20 werden, aber das dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein …

Bis nächste Woche …