Hinter der „besten Informationsquelle für Expats“

Von Misch Pautsch

Skurrile Internetseiten gibt es wie Sand am Meer. Doch eine russischsprachige Medienplattform, die fast ausschließlich luxemburgische Lokalnachrichten Wort für Wort übernimmt, lässt zweimal hinschauen. Vor allem da die Autor*innen scheinbar von Serbien und Russland aus arbeiten, und die Akteure hinter der Plattform größtenteils unbekannt bleiben. Wir haben uns luxtoday.lu genauer angeschaut.

„Überprüfe die Quelle“ ist eine der Grundlagen der Medienkompetenz – glaube nicht alles, nur weil es irgendwo steht. Oft reicht eine knappe Google-Suche, um sich ein grobes Bild davon zu machen, welchen Internetseiten und Gruppen auf sozialen Medienplattformen vertraut werden kann und welche sofort abgewunken werden sollten. Nur wird dies zunehmend komplizierter. Die Grenze zwischen seriösen Medien und Organisationen, die vorgeben dies zu sein oder es ehrlich versuchen, ist manchmal diffus. Den Überblick hat fast niemand mehr wirklich.

Dennoch bleibt es eine ungewöhnliche Situation, wenn weder das Medienministerium noch der Presserat jemals von der selbsternannten „besten Informationsquelle über die wichtigsten Geschehnisse in Luxemburg für Expats“ gehört hat. Dabei scheint die Internetseite luxtoday.lu eine scheinbar äußerst aktive, zweisprachige Plattform mit einem fest eingestellten Team zu sein. Bis zu zehn Artikel erscheinen täglich auf der Internetseite, deren Namen an den Kreml-kontrollierten russischen Sender Russia Today (später RT) erinnert. Die Leserschaft, die sich vom Namen nicht abschrecken lässt, findet hier vor allem englische und russische Direktübersetzungen von kurzen Texten etablierter luxemburgischer, seltener auch internationaler Medien. Alle werden in doppelter Ausführung auf den Facebook-, Twitter und Telegram-Kanälen des Mediums geteilt, je auf Englisch und Russisch. Erheblicher Arbeitsaufwand für die mindestens zwei Personen, die laut der öffentlichen LinkedIn-Seite je als Content Manager und Editor für das Medium mitwirken sollen. Insbesondere, da nicht klar ist, wie die Seite und die Mitarbeiter*innen finanziert werden. Die (nicht nur) bei Gratis-Medien normalerweise omnipräsenten Werbeanzeigen vermisst man hier, genau wie ein Abonnement-System, markierter „Sponsored Content“ oder eine Möglichkeit, direkt Geld zu spenden. Einkommensquellen scheinen gänzlich zu fehlen.

Motivierte Mitarbeiter*innen und Bots

Dennoch sind die Mitarbeiter*innen produktiv: Lokale, teils sehr spezifische luxemburgische Themen sind der klare Fokus der Seite: Bereits der allererste Post, der auf dem russischsprachigen Telegram-Channel (mit heute knapp 2.700 Abonnierten) am 21. Januar 2021 geteilt wurde, war eine Zusammenfassung eines RTL-Beitrags über Marc Giorgetti, nachdem dieser Präsident des Groupement des Entrepreneurs du Bâtiment et des Travaux Publics wurde. Ein hochspezialisiertes Nischen-Thema, vor allem als allererster Artikel einer neugegründeten Plattform. Welcher Artikel als erster auf der Seite veröffentlich wurde, ist nicht herauszufinden, da sie bei zu weitem scrollen abstürzt. Die nachfolgenden Texte bleiben ebenfalls lokal: Produktrückrufe, Kurznachrichten, Artikel über den Wohnungsmarkt und Übersetzungen von Berichten über lokale Pressekonferenzen. Die Seite wirkt auf den ersten Blick wie ein Lokalblatt – würden die Mitarbeiter*innen nicht laut ihren ansonsten fast leeren LinkedIn-Profilen je in Russland und Serbien leben. Zwischen den vielen Artikeln, die je nur einige Sätze lang sind, finden sich auch elf russischsprachige Erfahrungsberichte von Menschen, die über ihr Leben im Großherzogtum schreiben. Alle sind in der ersten Person verfasst und mit privaten Fotos unterlegt. Die Social-Media-Profile der Seite werden ebenfalls regelmäßig gefüttert. Rund 2.700 Leute folgen dem russischsprachigen Channel des Mediums. Der Instagram-Channel Luxtoday ist ein Luxus-Lifestyle-Profil, der keine offensichtliche Verbindung zur Seite hat. Luxembourgtoday jedoch beschreibt sich als „Editor“ von Luxembourg ToDay und ist gefüllt mit scheinbar unzusammenhängenden Fotos, die in Luxemburg getagged sind. Die Kommentarsektionen der Posts sind mit Reaktionen von Profilen mit ähnlichen Namen gefüllt, die nicht nur alle fast identische Kommentare hinterlassen, sondern zu einem großen Teil identische Inhalte auf ihrem Profil veröffentlichen, und diese gegenseitig liken.

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