Nach Luxemburg einwandernde Frauen können besonderen Integrationshürden begegnen, denen die Politik nicht ausreichend Aufmerksamkeit schenkt. Warum eine Differenzierung notwendig ist – auch mit Blick auf sexuelle Minderheiten.
Hohe Wellen hat er augenscheinlich nicht geschlagen, der im vergangenen Herbst veröffentlichte Bericht des Europäischen Migrationsnetzwerks (EMN). Migrations- und Asylexpert*innen aus ganz Europa hatten in der Studie mit dem Titel Integration of migrant women (Integration von Frauen in der Migration) festgestellt, dass "die Integration von migrierenden Frauen [in den meisten EU-Mitgliedstaaten] derzeit keine nationale Priorität ist, auch wenn einige dem Thema Priorität einräumen, vorrangig, um die Geschlechtergleichstellung zu verbessern". Obwohl Frauen, wie verschiedene Studien zeigten, einer doppelten Benachteiligung ausgesetzt sein können: als Frauen einerseits und als Migrantinnen andererseits.
Luxemburg gehört zu einer Riege von Staaten mit einer Gender-Mainstreaming-Politik. Das europäische Institut für Gleichstellungsfragen (Eige) versteht unter dem Begriff eine "Strategie" zur Erreichung der Gleichstellung. Der Europarat nennt es einen "politischen Ansatz, der sowohl die Interessen und Belange von Frauen als auch von Männern berücksichtigt". Spezifische Bedürfnisse bestimmter Personengruppen können in dieser Methode jedoch zu kurz kommen. Es sei jedoch möglich, so der EMN-Bericht, dass einzelne Projekte, beispielsweise zur spezifischen Förderung der Jobchancen von Frauen, eine staatliche Finanzierung erhalten, was in Luxemburg auch der Fall ist. Doch dazu später mehr.
Die emeritierte Geschlechterforscherin Christel Baltes-Löhr hatte bereits 2017 in einem Beitrag für den Sozialalmanach der Caritas treffend festgestellt, dass erstens "Frauen und die Geschlechterfrage nur dann genannt werden, wenn es sich um spezifische Projekte zur Gleichstellung der Geschlechter handelt und dass man damit zweitens in Luxemburg von der Berücksichtigung der Umsetzung der Geschlechterdimension als transversalem Aspekt, der in alle Bereiche und Projekte von Politik reichen sollte, immer noch weit entfernt ist".
Für sie gilt es, in dieser Frage zwei Punkte zu berücksichtigen. "Es gibt mehr als zwei Geschlechter auf dieser Welt", sagt die Wissenschaftlerin zur Vernachlässigung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans-, inter-, nicht-binären und queeren Menschen (LGBTIQ+) in der Debatte. "Die Integrationspolitik muss sich meiner Auffassung nach an alle Geschlechter wenden", fügt sie hinzu. Das fängt bei der Aufnahme von LGBTIQ+-Geflüchteten an, wenn nicht-binäre Personen sich ein Zimmer beziehungsweise die Unterkunft mit in der Regel fremden Personen teilen müssen. Das sei verbunden mit Risiken von körperlichem, sexuellem oder verbalem Missbrauch, wie Baltes-Löhr zusammen mit Jasmin Donlic und Nina Held in einem Artikel über trans*, inter* und nicht-binär*geschlechtliche Menschen im Kontext von Migration, Flucht und Asyl festhält. Dieser Artikel stammt aus dem von Baltes Löhr und René_ Rain Hornstein herausgegeben Lehrbuch trans*, inter* und nicht-binäre Geschlechtlichkeiten, das in diesem Jahr im Transcriptverlag erscheinen wird.
Du willst mehr? Hol dir den Zugang.
-
Jahresabo185,00 €/Jahr
-
Monatsabo18,50 €/Monat
-
Zukunftsabo für Abonnent*innen im Alter von unter 26 Jahren120,00 €/Jahr
Du hast bereits ein Konto?
Einloggen