„Wer sagt schon gerne, dass sein Kind sitzengeblieben ist?“
Von Jang Kapgen, Lex Kleren, Misch Pautsch Für Originaltext auf Englisch umschaltenDas Gymnasium soll ein Ort des unterstützenden und ermutigenden Lernens sein. Aber wie sieht das in der Realität aus? Das Lëtzebuerger Journal hat vier Klassenwiederholer*innen über ihre Erfahrungen im luxemburgischen Schulsystem befragt. Ihre Geschichten sind geprägt von Mut und Widerstandskraft - und von durchdachter Kritik.
Wenn von Schulwiederholer*innen die Rede ist, prägen viele Stereotypen die Diskussion. Von faul über unaufmerksam bis hin zu sorglos - viele negative Vorurteile sind mit ihrem Image verbunden. Die Perspektive der Sitzengebliebenen selbst wird jedoch oft nicht berücksichtigt. Dieser Artikel enthält zwar nur vier Interviews, jedoch wurden für die Hintergrundrecherche weitere Schulwiederholer*innen befragt. Die überwältigende Botschaft ist: Es ist ihnen wichtig. Auch wenn die Meinungen über die Nützlichkeit eines zusätzlichen Jahres auseinandergehen, so wird doch spürbar, dass ihnen ein Jahr ihres Lebens gestohlen wurde. Klassenwiederholer*innen werden bei wichtigen Diskussionen über das luxemburgische Bildungssystem oft ausgeklammert - obwohl gerade sie am meisten von diesem System betroffen sind. Hören wir uns also ihre Geschichten an.
Ist das System gerecht?
Veronique ist jetzt 20 Jahre alt. Ihre Leidenschaft ist das Musizieren, sie ist Mitglied in mehreren Orchestern und will auch etwas in diese Richtung studieren. Sie beschreibt sich selbst als eine ganz normale Schülerin. „Es gibt Noten bis 50 und andere um die 38, aber man kann nicht überall perfekt sein“, erklärt sie ihre üblichen Noten. Zu ihrer eigenen Überraschung passierte es, dass sie die 5ième-Klasse wiederholen musste. Während ihr Jahresdurchschnitt damals bei 42 lag, hatte sie in zwei Hauptfächern unzureichende Noten: eine 29 in Englisch und eine 27 in Französisch. Diese Fächer gehörten zwar nicht zu ihren Stärken, aber die Lehrer*innen dieses Jahrgangs waren etwas anspruchsvoller - der Durchschnitt der gesamten Klasse war niedriger als in den Vorjahren. Aber das ist alles verständlich, denn Veronique weiß selbst, dass jede*r Lehrer*in etwas andere Erwartungen an die Leistungen der Schüler*innen hat. Durch das Bonuspunktesystem am Ende eines jeden Trimesters hat sie jedoch gemerkt, wie subjektiv und ungerecht das Ganze ist.
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