Wenn ein Salatkopf zum Symbol der Gleichberechtigung wird

Von Melody HansenLex KlerenMisch Pautsch

Frauen sind in Luxemburgs Politik immer noch stark unterrepräsentiert. Dabei sollen Mandatsträger*innen die Gesellschaft in ihrer Vielfalt widerspiegeln. Doch wie schwer macht das politische Milieu jungen Eltern, insbesondere Müttern oder gar Alleinerziehenden, den Einstieg in die Gemeinde- oder Staatsführung?

Es ist der 10. April 2020. Luxemburg befindet sich im ersten Lockdown. Die Gemeinderät*innen der Stadt Esch nehmen zum ersten Mal an einer Gemeinderatssitzung per Videokonferenz teil. Daliah Scholl (DP) hat ihre 13-jährige Tochter Azadeh darum gebeten, in der Nähe zu bleiben. „Ich bin ein wenig oldschool, was Informatik betrifft. Sie kennt sich damit besser aus. Deshalb hat sie mir geholfen“, erzählt die alleinerziehende Mutter im Februar 2021 im Gespräch mit dem Lëtzebuerger Journal. Die Sitzung, die gegen 9.00 Uhr begonnen hat und in der Regel um 13.00 Uhr abgeschlossen sein sollte, wird überzogen. „Es wurde Viertel nach eins, es wurde halb zwei, meine Tochter hat mir Post-its zugeschoben, um mir mitzuteilen, dass sie hungrig ist.“ Nachdem kein baldiges Ende der Sitzung in Sicht ist, beschließt Scholl kurzerhand ihr Handy mit in die Küche zu nehmen, um schon mal den Salat zu putzen.

Es ist der 17. Dezember 2020, acht Monate später. Das Parlament stimmt darüber ab, ob Gemeinderatssitzungen weiterhin per Videokonferenz abgehalten werden dürfen. Zwei Herren mittleren Alters echauffieren sich nacheinander über „ein schwarzes Schaf“, das während einer Gemeinderatssitzung einen Salatkopf gewaschen habe – Kontext liefern sie keinen. Solch ein Verhalten sei einer Gemeinderatssitzung nicht würdig. Wo kämen wir denn da hin, in Zukunft könne dann jede*r Politiker*in während wichtiger Sitzungen kochen oder gar aus dem Urlaub teilnehmen.

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