Weil Man(n) auch tanzen kann

Von Laura TomassiniLex Kleren

Für die meisten gilt Tanzen noch immer als eine eher weibliche Sportart – dies, obwohl sich weltweit tausende Männer zur Musik bewegen. Auch in Luxemburg widmen sich mehr und mehr männliche Sportler dem Tanzen und bekämpfen so gängige Gender-Klischees.

„Plié, tendu, relevé, posé, port de bras, penché – and the same thing on the left side!“ Mit einem Mix aus Englisch und Französisch begleitet Moa Nunes seine Schülerinnen am Dienstagabend durch ihr Aufwärmprogramm. Seit fast 20 Jahren unterrichtet der Brasilianer an der Dance School Cathy Moes by Li Marteling in Merl und hat nicht nur der heutigen Besitzerin so manches aus dem Ballett-Repertoire beigebracht. „Als ich 1997 in Luxemburg ankam, kannte ich hier niemanden und konnte auch kein Wort Englisch. Li war damals sehr freundlich und hat mich vieles gelehrt. Heute arbeite ich für ihre Tochter Cathy, die damals noch ein kleines Mädchen war, und nun mein Boss ist“, meint Moa mit einem Lächeln.

Der ehemalige Tänzer dreht mittlerweile nur noch selten selbst Pirouetten, seine Karriere zeugt jedoch von vielen Jahren auf internationalen Bühnen, denn Moas Talent für die Bewegung wurde schon früh erkannt. In Joinville, der größten Stadt des südbrasilianischen Bundesstaates Santa Catarina, machte der Brasilianer seine ersten Schritte in Tanzschuhen, damals noch ohne Vision für das, was später mal aus ihm werden würde. „Ich habe mit elf angefangen zu tanzen. Das Ganze war aus familiärer Sicht zu Beginn gar nicht so einfach, denn ich hatte vier Brüder und zwei Schwestern und komme aus einem Land, in dem Männer noch unter die Kategorie ‚Macho‘ fallen und Tanzen nicht als Job mit Zukunft angesehen wird“, erklärt der 52-Jährige.

Die Vor- und Nachteile, ein Mann zu sein

Heute sei seine Heimatstadt zwar durch das dortige Tanzfestival, das 2005 im Guinness Buch der Weltrekorde als größtes der Welt aufgelistet war, international als Hauptstadt des Tanzes in Lateinamerika bekannt, Männer habe es zu seiner Zeit allerdings nur wenige in der Branche gegeben. „Damals war vieles nicht so einfach wie heute. Ich erinnere mich an eine Company für die ich getanzt habe, in der waren 23 Mädchen und ich war der einzige Mann, der dafür vortanzte“, so Moa. Einerseits habe dies den Zugang zu Projekten zwar vielleicht leichter gemacht, andererseits habe man als männlicher Tänzer aber auch viel mit Vorurteilen zu kämpfen gehabt. „Mir wurden schon viele unschöne Dinge an den Kopf geworfen und ich wurde oft beschimpft, das hing aber immer stark davon ab, wo ich tanzte.“

Bei Kulturveranstaltungen oder speziellen Events seien die Leute es oftmals nicht gewohnt gewesen, Männer beim Tanzen zu sehen und auch sein Vater fand den Plan seines Sohnes, professioneller Tänzer zu werden, erstmal nur semi-toll. Doch Moa wusste sich durchzusetzen, tanzte mit 19 schon auf professionellem Niveau für die Company Comdanca Brasil, mit der er später durch zahlreiche Länder weltweit tourte, und absolvierte 1995 sein Tanz-Studium an der Universidade Federal do Paraná. Unterstützung fand er einerseits von seiner Mutter, die seine Leidenschaft stets als positiv empfand, und im System Brasiliens, das männlichen Tanzanwärtern den Zugang zur Ausbildung gratis ermöglichte, um so dem Mangel an Männern auf der Bühne entgegenzuwirken.

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