Verteilungsschlüssel mit Defiziten

Von Christian BlockLex Kleren

Das sogenannte Kontingentsystem hat für eine gleichmäßigere Verteilung der Unterrichtsstunden zwischen den Gemeinden gesorgt, für mehr Bildungsgerechtigkeit hingegen kaum. Wie das System funktioniert und wo nachgebessert werden kann.

Wenn Patrick Remakel im Frühjahr der Schulkommission in seiner Gemeinde die Organisation des kommenden Schuljahres vorstellt, dann sei er gezwungen, "die beste der schlechtesten" zu präsentieren, die er aufstellen konnte. Der Grundschullehrer ist gleichzeitig Präsident der Syndicat National des Enseignants (SNE). Nicht nur für diese Gewerkschaft ist die Ressourcenfrage im Fondamental ein Dauerthema.

Wenn gemeinhin im bildungspolitischen Kontext vom "Contingent" gesprochen wird, ist darunter die Zahl an wöchentlichen Unterrichtsstunden zu verstehen, die der Staat den Gemeinden jedes Jahr zur Organisation des Grundschulunterrichts zur Verfügung stellt. Das geht in etwa so: Man nehme alle Grundschüler*innen einer Gemeinde und sehe eine theoretische Klassengröße von 16 Kindern vor. Zusätzliche Unterrichtsstunden sieht der Mechanismus abhängig von der Bevölkerungszusammensetzung einer Gemeinde vor. Zu diesem Zweck berechnet das Luxembourg Institute of Socio-Economic Research (LISER) alle drei Jahre für alle Gemeinden einen Sozialindex aus. Der sozio-wirtschaftlich-kulturelle Index berücksichtigt vier Aspekte: der Anteil der Kinder, die weder Luxemburgisch noch Deutsch als erste oder zweite Sprache sprechen. Zweitens Kinder in alleinerziehenden Familien. Drittens und viertens die Einkommenssituation der Eltern sowie der Bezug von Sozialhilfen (Inklusionseinkommen Revis), Teuerungszulage, Arbeitslosengeld). Auf der Grundlage dieses Ergebnisses werden die Gemeinden auf einer Skala zwischen 100 und 120 eingeordnet. Je höher der Wert, umso mehr zusätzliche Unterrichtsstunden in einer Gemeinde zur Verfügung stehen, um zusätzliche Klassen oder Förderunterricht zu organisieren. Die Gemeinde Esch/Alzette beispielsweise erhält mit der Berechnung aus dem Vorjahr über einen Wert von 120 das Maximum: 20 Prozent mehr Ressourcen. Ein erstes Mal wurde das System im Schuljahr 2010/11 angewandt.

Die Einführung des "Contingent" war in schulorganisatorischer Hinsicht der zentrale Punkt der Grundschulreform von 2009. Damals hat der Staat die Ressourcenverteilung übernommen, um unter anderem eine gleichmäßigere Verteilung der Unterrichtskräfte zwischen den Gemeinden zu gewährleisten. Ein Ziel, das erreicht worden sei, sagt Paul Schmit heute. Er ist Beobachter am Observatoire de l'Enfance, de la Jeunesse et de la Qualité Scolaire (OEJQS). "Das Kontingent sollte zunächst eine Situation von Ungleichheit zwischen den Gemeinden beheben. Reiche Gemeinden wie beispielsweise die Stadt Luxemburg oder jene im Speckgürtel der Hauptstadt konnten vor der Reform von 2009 so viele Lehrkräfte einstellen, wie sie wollten. […] Weil Lehrer auch damals schon eine begrenzte Ressource waren, wurden sie von diesen Gemeinden mit einem attraktiveren Arbeitsumfeld (wie etwa eine bessere Schulausstattung, d. Red.) angezogen", erklärt Schmit gegenüber dem Lëtzebuerger Journal. Das konnte dazu führen, dass beispielsweise Gemeinden im Süden des Landes mit wenigen Lehrer*innen auskommen und auf Lehrbeauftragte zurückgreifen mussten.

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