Verschwörung im Briefkasten

Von Misch Pautsch

Verschwörungsmythen über Krankheiten, Impfstoffe und verzerrte Statistiken prägen seit dem Ausbruch der Pandemie das Angesicht sozialer Netzwerke noch stärker als vorher. Weltbilder, die auf alternativen Nachrichtenplattformen ausgefeilt und verbreitet werden, haben nun in Ettelbrück über den Briefkasten den Weg in die analoge Welt gefunden.

Soziale Medien sind eine Petrischale für Verschwörungsmythen. In schnellster Zeit kristallisieren sich fast von selbst die Ideen heraus, die zum viralen Selbstläufer werden und auf so vielen News-Feeds wie möglich auftauchen. Tatsächlich passiert der Klick auf den Share-Button oft passiv. Wenn Leute befragt wurden, ob sie den geteilten Inhalt tatsächlich glauben, war die Antwort oft nein. Vielmehr ist das blinde Teilen von Desinformation das Resultat mentaler Passivität, in die viele verfallen, solange die Headline grob ihre Weltsicht widerspiegelt.

In ihrem Aufwand umso ungewöhnlicher ist deshalb die Zeitung, die Anfang Mai im Raum Ettelbrück in mehreren Briefkästen aufgetaucht ist. Es ist ein bunter, achtseitiger Flickenteppich aus diversen Meinungsartikeln und Kommentaren, manche mit Autorenzeile, manche ohne. Die Texte, die einen Querschnitt der gängigsten Corona-Mythen sind, sind alle bereits auf diversen alternativen Medienplattformen veröffentlicht worden: Von Corona als biologisches Werkzeug um den Weltmarkt zum Kollaps zu bringen über Miniatur-Roboter in Impfstoffen oder Schnelltests bis hin zu Ärzt*innen, die mit Nazi-Forscher*innen gleichgestellt werden. Selbst der exakte Inhalt der kleinen Interjektionen in Bylines oder Sprechblasen, die die Artikel begleiten, lassen sich identisch im Internet wiederfinden. Lediglich die Namensschilder der Karikaturen von „Paulette“ und „Xavier“ und ein Foto eines luxemburgischen Gesetzestextes lassen erkennbar werden, dass das Blatt für Luxemburg bestimmt ist.

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