Vermisst: Wenn jeder Fall einer zu viel ist

Von Sarah RaparoliLex Kleren

Geht eine Vermisstenmeldung an die Presse, weiß ganz Luxemburg Bescheid. Dass durch das Verschwinden einer Person eine streng geregelte Prozedur ausgelöst wird, ist den wenigsten bewusst. Zudem möchte nicht jede*r gefunden werden. Ein Gespräch mit der Kriminalpolizei.

Früher musste die Zeitung aufgeschlagen werden, heute informieren Push-Meldungen, Nachrichtenportale, Radiostationen und Posts auf den sozialen Medien über Personen, die als vermisst gemeldet werden. Dadurch könnte leicht der Eindruck entstehen, dass mehr Menschen als sonst verschwinden. Besonders während des ersten Pandemiejahres lauteten die Kommentare unter den entsprechenden Presseartikeln nicht selten wie folgt: „Schon wieder eine Person vermisst, es wird immer schlimmer“ oder „Was ist denn nur los? So viele Kinder, die in so kurzer Zeit als vermisst gemeldet werden, da stimmt doch was nicht“.

Mehr thematisiert, mehr mediatisiert

Und genau dies sei vielmehr ein subjektiver Eindruck, der einige Gründe haben könne, denn die Zahlen der Justiz tragen dieser Wahrnehmung keinerlei Rechnung. 2020 wurden 441 Fälle von beunruhigendem Verschwinden („disparitions inquiétantes“) von Minderjährigen gezählt, 182 bei erwachsenen Personen. Insgesamt waren es also 596 Fälle, gegenüber 675 ein Jahr davor und 622 im Jahr 2018. Die Zahlen gehen aus einer gemeinsamen parlamentarischen Antwort von Justizministerin Sam Tanson und vom Minister für Innere Sicherheit Henri Kox vom 23. April hervor. Dies bestätigt auch Jeff Muller während des Interviews mit dem Lëtzebuerger Journal in den Gebäuden der Kriminalpolizei in der Nähe des Flughafens. „Aufgrund unserer gesammelten Informationen, können wir nicht behaupten, dass die Zahl der Vermisstenfälle signifikant gestiegen ist“, so der Leiter der Abteilung „Criminalité contre les personnes“ bei der Kriminalpolizei. „Es wird viel mehr thematisiert und mediatisiert, weil die Kommunikation auch zugenommen hat. Eine Vermisstenmeldung geht heutzutage kaum an jemandem vorbei. Die meisten Menschen, die online aktiv sind, bekommen das mit.“

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