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Das Lëtzebuerger Journal feiert bereits seinen zweiten digitalen Geburtstag. Wir haben unseren Platz in der Medienlandschaft gefunden, uns weiterentwickelt und sind bereit für 2023. Das alles wäre ohne die Menschen, die uns ihre Erfahrungen und Sichtweisen schildern, nicht möglich. Zu diesem Anlass hat sich jedes Teammitglied einen Beitrag ausgesucht, dessen Geschichte ihn oder sie in diesem Jahr nicht losgelassen hat.
2022 wird in die Geschichte eingehen als das Jahr, in dem künstliche Intelligenz den nächsten gesellschaftlichen Paradigmenwechsel eingeläutet hat. Es ist zu diesem Zeitpunkt schwer vorherzusagen, in welchen Bereichen der Einfluss der KI am größten sein wird, aber der Arbeitsplatz gehört dazu. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass virtuelle Assistenten immer ausgefeilter werden und viele Aufgaben übernehmen, was auch die Art und Weise, wie wir mit der digitalen Welt interagieren, verändern wird. Dabei werden diese Automatisierungstechnologien auch unser Verständnis von Informationsgewinnung und -verarbeitung auf den Kopf stellen.
Wo bleibt der Mensch in dieser neuen Welt? Und kann sich der Journalismus noch behaupten, da die Flut an Informationen und Inhalten, welche auf die Menschen einprasseln, immer größer wird? Beide Fragen werden in meinen Augen in der KI-Welt nach 2022 noch enger miteinander verknüpft sein als vorher. Will Journalismus noch relevant sein, muss er tiefer gehen als die bloße Vermittlung von Basis-Informationen, mehr sein als reine Berichterstattung. Wieso soll noch jemand für Information zahlen, wenn es diese im Internet in rauen Mengen gibt, und zwar umsonst? Mit künstlicher Intelligenz wird deren Aufbereitung sogar noch einfacher und effizienter.
Das neue, digitale Lëtzebuerger Journal hat sich seit Beginn, im Januar 2021, dem „Slow Journalism“ verschrieben und berichtet über handverlesene, relevante Themen, anstatt durch Quantität Qualität vorzutäuschen. Inspiration für die menschliche Herangehensweise gab es vom Projekt Humans of New York mit seinen Straßenporträts und Geschichten, die direkt aus dem Leben gegriffen sind. Und genau diese Philosophie wird der Schlüssel sein, um auch in einer von KI und einer Endlosschleife an multimedialen Inhalten dominierten Gesellschaft unersetzlich zu bleiben. Nichts ersetzt einen authentischen Erfahrungsbericht mit all seinen Grautönen. Keine Maschine kann sich an Ort und Stelle ein Bild von einer Sachlage machen, und menschliche Gefühle und Eindrücke in ein Gesamtbild mit einfließen lassen. Journalismus wird noch menschlicher werden (müssen). Lassen wir der künstlichen Intelligenz ruhig die kalten Fakten. Der echte „deep dive“, an dessen Ende die Erkenntnis steht, gehört uns.
„Podcasting heißt für uns nicht einfach ‚Record‘ drücken, stundenlange Gespräche aufzeichnen und danach als unverdaute Audiokeulen ins digitale Nirwana schicken.“
Bei der Verpackung dieser Inhalte muss man aber immer kreativer werden. Da die meisten Reize, die im Gehirn verarbeitet werden, visueller Natur sind, ist der Hörsinn ein wichtiges Zugangstor, um Informationen zu übermitteln. Das Ohr nimmt diese nicht nur sehr differenziert auf, sondern ist auch extrem leistungsfähig. Beim Lëtzebuerger Journal sind alle Inhalte auch als Audio verfügbar, in drei Sprachen. Und immer mehr Themen und Ideen versuchen wir als eigens dafür konzipierte Podcast-Formate umzusetzen. Podcasting heißt für uns nicht einfach „Record“ drücken, stundenlange Gespräche aufzeichnen und danach als unverdaute Audiokeulen ins digitale Nirwana schicken, in der Hoffnung, dass irgendjemand anbeißt. Hinter jedem Konzept stecken eine Idee und eine Aufbereitung. Und jede Produktion hat ihre Daseinsberechtigung.
Content director Lynn Warken kam in der Entwicklungsphase des digitalen Journal mit der Idee, ein Interview-Format zu starten, das es so noch nicht gab. Wieso nicht Radio mit Streaming kreuzen? Also Talk mit Musik mischen, und die Menschen dort abholen, wo sie sowieso ihre Musik hören. Heraus kam Hannert der Fassad auf Spotify. In jeder Episode erzählt eine Person Anekdoten und prägende Momente aus ihrem Leben anhand ihrer Lieblingssongs. Interview-Ausschnitte und Lieder wechseln sich in einer Playlist ab. Bis heute sind 13 Episoden entstanden, und es werden weitere folgen.
Man muss das Rad nicht immer neu erfinden. Ein Reifenwechsel tuts manchmal auch.