Plötzlich Minister

Von Pascal SteinwachsMisch Pautsch

Eric Thill ist gerade einmal 30 Jahre alt, hat aber bereits eine steile politische Karriere hinter sich. Erst Schöffe der Gemeinde Schieren, dann Bürgermeister, und seit dem 17. November 2023 Minister. Wir treffen das jüngste Regierungsmitglied zu einem ausführlichen Gespräch im Kulturministerium.

Als wir fünf Minuten vor der verabredeten Zeit im Terres-Rouges-Gebäude am Boulevard Roosevelt eintreffen, müssen wir nicht lange warten, da öffnet sich auch schon die Tür zum Ministerbüro und Eric Thill setzt zur Begrüßung an.

Sorgfältig frisiert, millimetergenau gestutzter Bart, akkurat gekleidet. Modische Brille, Einstecktuch, klassischer Anzug, aber keine Krawatte, schwarze Lederschuhe statt Sneakers. Der Minister macht eine gute Figur und freut sich sichtlich auf das Gespräch.

Zuvor zeigt uns der frühere Mitarbeiter der DP-Fraktion aber erst einmal das Gebäude. Er ist zwar jetzt schon einige Monate im Amt, ist aber immer noch von der grandiosen Aussicht auf das Petrusstal angetan, die man vom Kulturministerium aus hat.

Lëtzebuerger Journal: Irgendwie erinnert uns Ihr Werdegang an die Filmschmonzette "Plötzlich Prinzessin". So wie Anne Hathaway auf einmal blaues Blut hatte, waren Sie plötzlich Minister. So sollen Sie in der Jogginghose auf dem Sofa gesessen haben, als Sie wenige Tage vor der Regierungszusammenstellung der Anruf von Xavier Bettel erreichte, bei dem er Sie fragte, ob Sie Lust hätten, Minister zu werden. Keiner hatte Sie zuvor auf dem Radar, zumal Sie im Nordbezirk nur auf Platz vier Ihrer Partei landeten, demnach nicht gewählt wurden, und auch nicht bei den Koalitionsverhandlungen auf Schloss Senningen dabei waren. Was wir eigentlich fragen wollen: Was qualifiziert Sie überhaupt für diesen Job?

Eric Thill (lacht): Ich saß tatsächlich in der Jogginghose auf der Couch und war gerade dabei, E-Mails in meiner Funktion als Bürgermeister von Schieren zu beantworten, als Xavier Bettel anrief, um mich zu fragen, ob ich mir vorstellen könnte, Verantwortung in der nächsten Regierung zu übernehmen. Für mich war sehr schnell klar, dass ich das machen will und ich fühlte mich auch wirklich geehrt. Mir war klar, dass mir das als damals noch 29-Jähriger auch die Möglichkeit bieten würde, ebenfalls die Interessen der jungen Leute in einer neuen Regierung zu vertreten. Zumal ich mich zuvor immer schon dafür eingesetzt hatte, dass die Politik repräsentativer werden soll: mehr Frauen, mehr junge Leute …

… was natürlich lobenswert ist …

Ich war 2017 bei den Gemeindewahlen in Schieren dabei und wurde Erstgewählter. Ich wurde Erster Schöffe, zwei Jahre dann Bürgermeister. Bei den letztjährigen Kommunalwahlen bin ich wiederum sehr gut gewählt worden, sodass ich auch mit in die Legislativwahlen ging, bei denen ich im Nordbezirk hinter den drei Mandatsträgern, darunter ein Parlamentspräsident, ein Minister und ein Abgeordneter, als Viertgewählter abschnitt. Als Minister kann ich in der Regierung mit meinen zwei sehr interessanten Ressorts Verantwortung übernehmen und den Vertrauensvorschuss mit konkreten Taten zurückzahlen.

Das Ganze sieht trotzdem so aus, als hätten sich die Verhandlungsführer in den Koalitionsverhandlungen erst in letzter Minute daran erinnert, dass es auch noch so etwas wie ein Kulturressort gibt, das es zu besetzen gilt. Und dann musste die DP ja noch einen Vertreter aus dem Norden in der Regierung unterbringen. Das macht deutlich, welchen Stellenwert die CSV/DP-Regierung der Kultur beimisst, nämlich keinen sehr großen.

Das Gegenteil ist der Fall. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich verschiedene Optionen hatte, was ich als Minister hätte machen können. Für mich war schnell klar, dass ich die Kultur übernehmen wollte. Und dies zusammen mit dem Tourismus, weil sich hier Synergien ergeben, die ich verstärken will, weil ich glaube, dass Kultur und Tourismus eng verbunden sind. Das sind zwei Ministerien, wo man nah bei den Menschen ist, wo man den Kontakt mit den Leuten sucht und eine Politik des Miteinander anstrebt. Kultur stand bei mir nicht an letzter Stelle, ganz im Gegenteil.

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