New Work - Ein stärkeres Recht auf Weiterbildung

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In allen Wirtschaftszweigen müssen sich die Unternehmen mit großen Veränderungen auseinandersetzen. Die Arbeitnehmer*innen ihrerseits müssen es schaffen, sich anzupassen. Um sie bei diesen Veränderungen zu begleiten, wünscht sich die Arbeitnehmerkammer (CSL), dass die Rechte auf individuelle Weiterbildung während des gesamten Berufslebens gestärkt werden.

Auf dem Arbeitsmarkt besteht eine der Herausforderungen darin, das Qualifikationsangebot mit den Bedürfnissen der Unternehmen in Einklang zu bringen. Seit über 20 Jahren schöpft Luxemburg als wichtiges Wirtschaftszentrum im Herzen eines grenzüberschreitenden geografischen Gebiets in großem Umfang aus dem Talentpool der Großregion. „Heute sind Talente jedoch in allen Sektoren und überall in Europa zunehmend umkämpft und schwer anzulocken“, erklärt Claude Cardoso, leitender Berater bei der Arbeitnehmerkammer. „Die Akteure müssen in der Lage sein, große Umwälzungen zu begreifen, gesellschaftliche Veränderungen, die mit technologischen, regulatorischen und ökologischen Entwicklungen verbunden sind. Dies bedeutet, dass sie sich auf neue Kompetenzen stützen müssen. Die Arbeitnehmer müssen sich mehr denn je anpassen können und sich zu dem Zwecke weiterbilden, umorientieren und neue Kompetenzen erwerben.“

Die Grenzen des bestehenden Rechts

In Luxemburg gibt es mehrere Möglichkeiten zur Unterstützung der beruflichen Weiterbildung. Neben der staatlichen Kofinanzierung der betrieblichen Weiterbildung gibt es den individuellen Bildungsurlaub, unbezahlten Urlaub oder die Möglichkeit, über angepasste Arbeitszeiten zu verfügen, um an einer Weiterbildung teilzunehmen. „Allerdings sind diese Rechte recht begrenzt. Wenn wir über den individuellen Bildungsurlaub sprechen, sieht dieser 80 Tage während der gesamten Laufbahn vor und ist auf 20 Tage innerhalb von zwei Jahren begrenzt“, erklärt Jeannine Kohn, Direktionsberaterin bei der CSL. „Um sich umzustellen, eine qualifizierende Ausbildung zu absolvieren und seine Karriere neu auszurichten, ist dies bei weitem nicht ausreichend. Außerdem wird der finanzielle Aspekt im Rahmen dieser Regelung nicht abgedeckt.“ Der unbezahlte Urlaub ermöglicht es, sich in größerem Umfang dem Erwerb neuer Kompetenzen zu widmen. Die Option ist jedoch, wie der Name schon sagt, finanziell nicht sehr attraktiv. „Man muss es sich leisten können“, sagt Jeannine Kohn. „Die derzeit bestehenden Regelungen gehen nicht weit genug und sind nicht sehr flexibel.“

Eine zunehmend kritische Herausforderung

In einer Welt, die sich immer schneller verändert, ist Weiterbildung nichts Nebensächliches. Im Gegenteil, sie ist zu einer Notwendigkeit geworden, die es jedem ermöglicht, sich anzupassen, seine Beschäftigungsfähigkeit zu entwickeln und sich nachhaltige Karriereperspektiven zu sichern. Seit mehreren Jahren setzt sich die Arbeitnehmerkammer für eine Überprüfung des Rechts auf individuelle Weiterbildung während der gesamten beruflichen Laufbahn ein.

Jeannine Kohn

„Es ist dringend notwendig, die Modelle zu überdenken, um allen Bürgern eine bestimmte Anzahl von Tagen zu ermöglichen, die der Weiterbildung gewidmet sind, die von Jahr zu Jahr kumuliert werden könnten und die auch mit einer finanziellen Unterstützung verbunden wären“, erklärt Claude Cardoso. Dieses Modell wird in Frankreich bereits durch das persönliche Ausbildungskonto angewandt. „Der Vorteil eines solchen Systems ist, dass es an den Arbeitnehmer gebunden ist. Es ist ein tragbares Recht, das die Person direkt in die Verantwortung nimmt und ihr ermöglicht, unabhängig von jedem Arbeitgeber die Initiative zu ergreifen“, fährt der Unternehmensberater fort.

Sich an den europäischen Zielen orientieren

Der Bedarf an Weiterbildung ist zwar nicht neu, doch angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen wird die Antwort darauf immer kritischer. Die Position der CSL findet nun auch in der Qualifikationsstrategie der Europäischen Union ihren Niederschlag. „Heutzutage sind diejenigen, die sich weiterbilden und die bereits bestehenden Angebote nutzen, die am besten qualifizierten Personen.“ Jeannine Kohn betont, dass es hier eine echte Herausforderung für die Eingliederung gibt. „Gerade die am wenigsten qualifizierten Erwachsenen sind diejenigen, die am meisten auf Weiterbildung angewiesen sind, um ihren Arbeitsplatz zu erhalten. Auf EU-Ebene besteht das Ziel darin, dass im Jahr 2025 30 Prozent der gering qualifizierten 25- bis 64-Jährigen am Ende des Jahres an einer formalen oder nicht formalen Bildungsmaßnahme teilgenommen haben. Wir müssen also einen erleichternden Rahmen schaffen, um sie stärker dazu zu bewegen, diesen Weg einzuschlagen, und die Hemmnisse für die berufliche Weiterbildung beseitigen.“

Überwindung von Bildungshemmnissen

Diese Hemmnisse sind heute bekannt und es gibt mehrere Studien zu diesem Thema. So hat sich beispielsweise das Jacques-Delors-Institut mit dieser Frage befasst. „Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass es vor allem um die Sensibilisierung geht“, erklärt Jeannine Kohn. „Die große Mehrheit der Erwachsenen, die sich nicht weiterbilden, tun dies einfach, weil sie nicht den Willen dazu haben. Der Grund für diese Zurückhaltung liegt für die meisten darin, dass sie es nicht für nötig halten, sich weiterzubilden. Betrachtet man die Erwachsenen, die sich nicht weiterbilden, dies aber gerne tun würden, sind Zeitmangel (40,7 Prozent), die hohen Kosten (31,9 Prozent) und familiäre Verpflichtungen (31,3 Prozent) die häufigsten Gründe, die als Hemmnis genannt werden.“

Claude Cardoso

Sensibilisierung und Anleitung von Arbeitnehmer*innen

In Anbetracht dieser Trends unterstützt die CSL die Einführung eines neuen Modells für das Recht auf individuelle Weiterbildung während der gesamten Laufbahn, das auf vier Säulen beruht. „Die erste besteht in der finanziellen Unterstützung, einschließlich einer ausreichenden Anzahl von speziellen Urlaubstagen für Weiterbildungen (congé spécial formation), um Anreize für den Erwerb neuer Kompetenzen oder Qualifikationen zu schaffen“, fährt Cardoso fort. „Der zweite Punkt ist eine bessere Information und Kommunikation über diese Herausforderungen. Drittens müssen die Begünstigten besser über die ihnen zur Verfügung stehenden Hilfen und Ausbildungsmöglichkeiten informiert werden. Schließlich müssen sie ergänzend dazu Zugang zu Fachwissen im Bereich des Kompetenz-Engineering erhalten, das es ihnen je nach den angestrebten Zielen ermöglicht, sich auf die richtigen Ausbildungen entsprechend ihrer Qualifikationen, ihrer Wünsche und der Bedürfnisse des Arbeitsmarktes zu orientieren.“

Dieses neue Modell soll dazu beitragen, eine nachhaltige und integrative Wirtschaft aufrechtzuerhalten. „Es muss sowohl vom Staat als auch von den Unternehmen getragen werden und auch die Bürger einbeziehen“, versichert Jeannine Kohn. „Alle gewinnen, wenn man eine gut ausgebildete Bevölkerung unterstützt. Wir müssen das individuelle lebenslange Lernen als ein ebenso wesentliches Recht betrachten wie die Grund- und Sekundarschulbildung.“