Im Centre pénitentiaire de Luxembourg durften Häftlinge diesen Sommer bereits zum dritten Mal an einem Kunstprojekt teilnehmen. Projekte wie "Kultur am Prisong" sollen Gefängnis-Insass*innen dabei einerseits Abwechslung bieten, andererseits aber auch präventiv wirken, damit die Lebensumstände, die zu ihrer Inhaftierung geführt haben, sich nicht wiederholen.
"Der Faden meiner Geschichte" so lautete der Titel des diesjährigen Projektes im Rahmen der Initiative "Kultur am Prisong”. Während zwei Wochen, einmal im Juli und einmal im September, traf Künstlerin Cristina Picco auf jeweils vier Insassinnen der Sektion F der Strafvollzugsanstalt in Schrassig. Bei den Workshops drehte sich alles um Nähen und Sticken, denn wie der Name es schon verrät, durfte jede der Gefangenen ihre ganz eigene Geschichte erzählen.
Diese waren wie ein ungewohnter Farbtupfer im Grau des Gefängnisses, welches durch Projekte wie dieses versucht, einen Hauch Außenwelt ins Innere von Schrassig zu bringen. "Als ich ankam, hatte ich einen genauen Plan und ein Konzept im Kopf. Schnell wurde mir aber klar, dass die Teilnehmerinnen sich ausdrücken wollten, ohne Vorgaben oder Rahmen, also haben wir uns dem wilden Sticken gewidmet", erklärt Workshop-Leiterin Picco ihren ersten Eindruck. Schon lange hatte die multimodale Künstlerin geplant, einmal im Gefängnis ein Projekt durchzuführen, denn für sie ist der Faden wie eine Schrift, die sich der Federführung jener Hand anpasst, die sie hält.
Wie ein Urlaub für Gedanken und Seele
"Ich liebe es, Techniken zwischen Kunst und Handwerk zu nutzen, die als populär gelten, um Kultur und Kunst zu vermitteln. Aber ohne, dass Kunst dabei dieses abgehobene Ding mit Großbuchstabe ist, nicht 'Art' sondern einfach nur 'art'", so die Künstlerin. Es fasziniere sie, Kunst dorthin zu bringen, wo man sie nicht erwartet, wo sie eigentlich keinen Platz hat. "Kunst ist Freiheit, die Öffnung des Geistes, wo also besser Kunst mit anderen teilen, als im Gefängnis." Nachdem Picco ihr Material auf den Tischen verteilt, einige Bilder als Inspiration verlegt und die verschiedenen Stiche vorgezeigt hatte, durften alle an dem arbeiten, auf was sie Lust hatten – und das taten sie auch.
Von gelben Bienen über bunte T-Shirts bis hin zu Dinosauriern waren die fertigen Stickereien so vielfältig wie ihre Näherinnen, die die Workshops wie Urlaub beschrieben. "Ich bin gerne kreativ und liebe es, mit den Händen zu arbeiten. In der Zelle mache ich Handarbeit, das ist ein guter Ausgleich zum Gefängnisleben, damit man einfach mal runterkommen kann", sagt Tatiana, eine der Teilnehmerinnen. Kunst sei für sie wie Therapie und ersetze ihre Meditation, die sie in Schrassig nicht machen kann: "Ich bin eigentlich ein sehr spiritueller Mensch, wäre ich ein Mann, wäre ich ein Mönch und nicht im Gefängnis. Hier drinnen dürfen wir leider keine Kopfhörer mit unserer eigenen Playlist aufsetzen, sondern müssen Radio hören und da nerven die ganzen Verkehrsinfos. Also nähe ich lieber, das tut mir gut."
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