Im Kampf mit sich selbst

Von Misch Pautsch

Schießsportarten finden sich in Luxemburg am Rande der Gesellschaft wieder. Metaphorisch und im Fall des Tontaubenschießen-Turnieres, das das Lëtzebuerger Journal besucht hat, auch wortwörtlich. Über eine meditative, aber klischeebehaftete Sportart.

Im tiefsten Wald bei Differdingen, keinen Kilometer von der Grenze nach Frankreich entfernt, riecht es nach Sylvester und Nationalfeiertag. Doch es sind keine Feuerwerkskörper, die alle paar Sekunden die Stille des Waldes –Band, Bang – zerreißen. Nein, hier riecht es nach Schwarzpulver – genauer Nitrocellulose –, weil geschossen wird. Rund 50 Schütz*innen aus Luxemburg, Frankreich, Belgien und Deutschland haben sich hier für den Grand-Prix du Luxembourg im Tontaubenschießen auf dem Feld des Club des Tireurs Fosse et Skeet Differdange (CTFS) getroffen. Auf zwei Schießständen verteilt rotieren die Teilnehmer*innen von Position zu Position, wo sie nebeneinander darauf warten, dass sie dran sind. Denn es schießt immer nur ein*e Schütze*in – der Umgang mit Waffen verlang Disziplin. Jeder Schuss wird von einem knappen aber lauten „Ah“ angekündigt, mit dem die Teilnehmer*innen die sprachaktivierten, unterirdischen Schleudern starten, die „Tauben“ – orangene Frisbees aus Harz – in eine zufällige Richtung katapultieren, wo sie mit Zweischuss-Schrotflinten abgeschossen werden sollen. Jeder Teilnehmer schießt an einem Tag auf 100 Scheiben, und jeder Treffer gibt einen Punkt, egal ob der erste oder zweite Schuss trifft. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt.

Zwischen den Schüssen ist es still, geredet wird kaum. Nicht nur, weil die meisten Leute Ohrschützer tragen, sondern auch um die Konzentration der Teilnehmenden nicht zu stören, erklärt Lena Bidoli in einer Pause zwischen zwei Runden, während wir die anderen Schütz*innen beobachten. Bisher ist die 28-Jährige zufrieden mit ihrer Trefferquote – durchschnittlich etwa 19 von 25 Tontauben pro Runde. „Aber es ist erst Mittag, und das kann sich sehr schnell ändern. Wenn man bei dem Sport einmal aus dem Rhythmus gekommen ist, kann man schnell einige Schüsse am Stück daneben setzen…und damit den ganzen Tag in den Sand. Darum ist es wichtig, den ganzen Tag durchgehend voll konzentriert zu sein.“ Wer sich von einem oder zwei verfehlten Schüssen aus der Ruhe bringen lässt, ist hier fehl am Platz: es ist ein Sport für kühle Köpfe, „und ein ständiger Kampf mit dir selbst“, sagt Lena, die seit etwas über einem halben Jahr Sportschießen betreibt und versucht, dem Nationalkader als aktuell einzige Frau beizutreten: „Es ist fast meditativ. Ich hatte immer Konzentrationsschwierigkeiten, vor allem in der Schule und hier empfinde ich das gar nicht. Man ist einfach im Moment.“

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