Farbenfrohe Stoffe auf der einen, Kriegsbilder auf der anderen Seite: Das sind die Klischee-Bilder, die Europäer*innen aus Indien und Afghanistan kennen. Doch genau wie ihre Kultur und Menschen, sind auch die traditionellen Speisen beider Länder weitaus vielfältiger, als dies hierzulande oft gewusst ist. Ein Blick über, oder besser gesagt auf den Tellerrand.
„Einmal Chicken Tikka Masala, bitte!“ – so in etwa lautet die Bestellung eines Großteils der Gäste in indisch-nepalesischen Restaurants. Dass das Gericht in der Form eigentlich gar nicht aus Indien, sondern vielmehr aus Großbritannien stammt und nur eine europäische Version des Hähnchengerichtes „chicken tikka“ ist, wissen dabei wohl die wenigsten. „Ich erinnere mich nicht daran, tikka masala jemals in Indien gegessen zu haben“, sagt Sunita Trivedi, Gründerin der Kochwebseite Spicecurry.com. Bei Kochkursen für Gemeinden und Organisationen lehrt die gebürtige Inderin die traditionelle Gerichte ihrer Heimat, die Eigenschaften der in der indischen Küche verwendeten Zutaten und wie man sie richtig zubereitet.
Seit 25 Jahren lebt Sunita mit ihrer Familie in Luxemburg, die Leidenschaft fürs Kochen entdeckte sie im fremden Land eher aus der Not heraus wieder. „Ich war damals nicht glücklich über das Essen, das man hier in den Restaurants serviert. Nicht, dass es schlecht ist, es ist nur nicht authentisch“, so die Köchin. Überall gebe es fast exakt dieselbe Speisekarte, indische Läden existierten vor 25 Jahren noch keine und der Großteil der „indischen“ Gaststätten wurde – und wird immer noch – von Nepales*innen geführt. „Das Essen beider Länder ist sehr verschieden, allerdings wird hier angeboten, wonach die Leute fragen“, erklärt Sunita. Butterhuhn, Naan und Pakoras sind zwar in der Tat indische Speisen, allerdings wird bei der Zubereitung gemogelt, um diese an europäische Essgewohnheiten zu adaptieren.
Die vielen Facetten Indiens
„Ich erinnere mich daran, dass ich im Restaurant Pakoras bestellte, die dann aber mit Gurke gefüllt waren. Das würden wir nie, niemals tun“, verkündet Sunita empört. Das mit Kichererbsenteig ummantelte Fleisch oder Gemüse dürfe zwar gerne Experimenten ausgesetzt werden, man müsse jedoch wissen, wo die Grenzen liegen, meint die Inderin. Sie selbst hat die Geheimnisse der indischen Küche von ihrer Mutter erlernt und will diese mit Spicecurry an andere weitergeben. „Meine Mutter war eine exzellente Köchin und da mein Vater Diplomat war, zogen wir alle drei Jahre um und bekochten bei uns Zuhause stets viele Gäste.“
Anstelle des hier so beliebten Naan, einem traditionellen Fladenbrot hergestellt aus hellem Mehl, gab es in Sunitas Haus jedoch öfter Chapati, auf Hindi Roti, welches aus Vollkornmehl hergestellt wird. „Im Norden isst man sehr viel Chapati, während im Süden eher Reis auf den Teller kommt. Das variiert von Region zu Region, aber generell gehören zur indischen Küche Linsen, Reis und Fladenbrot.“ Sunita, die selbst aus der Hauptstadt Delhi und somit dem Norden des Landes stammt, kennt die vielen Facetten ihrer Heimat-Kulinarik, schon alleine durch die Tatsache, dass die Kochgewohnheiten ihres Mannes aus Gujarat im Westen Indiens sich von den ihren stark unterscheiden.
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