Editorial – Die vergessene Rolle der Wohnungsnot in der Sozialrunde

Von Misch Pautsch

Die Debatte um Luxemburgs Renten ist auch eine Debatte über die Wohnungskrise. Kernziel der Rente ist die Verhinderung von Armut im Alter und diese ist untrennbar mit bezahlbarem Wohnraum verbunden. Da der Kauf eines Eigenheims für junge Generationen unmöglich wird, droht ihre Rente von der Miete aufgefressen zu werden – ein fast sicherer Weg in die Altersarmut. 

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Es ist in der Journal-Redaktion ein trauriger Running Gag: In Luxemburg ist es unmöglich, über ein Thema tiefgründig zu sprechen, ohne am Ende bei der Wohnungskrise zu landen. Das hat sich auch während der Pensionsdebatte, die nun mit einem Machtwort der Regierung vorerst auf Eis gelegt wurde, wieder einmal bestätigt.

Denn die wichtigste Aufgabe der Rente, um die es im Kern in den Treffen ging, ist – wie man es rhetorisch auch dreht und wendet – die Verhinderung von Altersarmut. Und Altersarmut und Wohnungseigentum sind eng miteinander verwoben.

Der Hauskauf gehörte lange zum gutbürgerlichen Lebenslauf und mit ihm ging im Alter finanzielle und soziale Absicherung einher. Wer das nicht konnte, mietete, bis es für das Eigenheim reichte. Über 63 Prozent der Luxemburger*innen besitzen eine oder mehrere Immobilien. Was auch kommt, was auch passiert, auf der Straße sitzen werden sie nicht. Doch für alle anderen rückt der Wohnungskauf in immer weitere Ferne. Die Zwischenlösung – mieten – ist jedoch so teuer, dass Sparen kaum möglich ist.

Denn Luxemburgs Mieten sind im internationalen Vergleich enorm hoch. Allen voran gibt Luxemburg-Stadt den Ton an, wo die Mieten im EU-weiten Vergleich am teuersten sind, mit gut zehn Prozent Vorsprung zu Paris oder Dublin. Geld zur Seite legen, bis ein Hauskauf möglich wird, funktioniert damit längst nicht mehr zuverlässig – selbst wenn Immobilienpreise ausnahmsweise mal nicht steigen, klettern Mieten fröhlich weiter. Und selbst dann, was bringt Sparen, wenn die Immobilienpreise schneller steigen, als man Geld beiseitelegen kann? Viele von ihnen sind dadurch schon heute faktisch dazu verdammt, dass ihre spätere – möglicherweise kleinere – Rente zum Großteil in Mietkosten fließen wird.

Ein Blick nach Deutschland zeigt, wie problematisch das sein kann: Dort liegt die Quote der Immobilienbesitzer*innen bei etwa 42 Prozent. Gleichzeitig ist Altersarmut, die bei rund 20 Prozent liegt, in der Bundesrepublik eine ernste, weit verbreitete gesellschaftliche Realität. Miete und Rente sind eine gefährliche Kombination. Abendliche Runden, um Pfandflaschen aus Mülleimern zu fischen, sind für viele Rentner*innen Pflichtprogramm. Geld, das direkt nach oben in die Taschen ihrer Vermieter*innen fließt. Für die Betroffenen ist es eine finanzielle Sackgasse, aus der es keinen Ausweg gibt.

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