Doppelter Krisenmodus

Von Sarah RaparoliLex Kleren

Erwachsenwerden inmitten von Pandemie, Krieg und Inflation. Wie geht es den Jugendlichen inmitten von zahlreichen Krisen und was sagt die Forschung? Das Lëtzebuerger Journal hat nachgefragt.

"Trotz einer Erholung seit Corona hat sich die Zufriedenheit seit 2018 insbesondere bei jungen Menschen verschlechtert", so lautete die Bilanz einer Studie mit neuem Zahlenmaterial des nationalen Statistikbüros Statec. Der Jugend geht es nicht gut, dies bestätigen auch die Forscherinnen Dr. Carolina Catunda und Dr. Caroline Residori von der Universität Luxemburg. Beide betreiben Kinder- und Jugendforschung und haben an wegweisenden Studien – sowohl bei HBSC-Befragungen (Health Behaviour in School-Aged Children) als auch bei der Jugendumfrage (Youth Survey)  – mitgewirkt und forschen ebenfalls in den Bereichen Substanzkonsum und Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Kinder und Jugendliche.

Wie geht es den jungen Menschen, wenn man sich das gesammelte Zahlenmaterial ansieht? "Wenn wir die Bevölkerung als Ganzes betrachten, sehen wir, dass es den Menschen recht gut", erklärt Carolina Catunda. "Wenn wir jedoch anfangen, bestimmte Gruppen zu betrachten und mit anderen vergleichen, z.B. Mädchen gegenüber Jungen oder Familien, die über mehr oder weniger finanzielle Mittel verfügen, verändert sich das Bild." Allgemein ist die Differenz zwischen Jungen und Mädchen in den letzten Jahren immer größer geworden. So heißt es im Bericht Gesundheit von Schülerinnen und Schülern in Luxemburg, einem Teil der HSBC-Umfragen, die alle vier Jahre durchgeführt werden. "Insgesamt 36 Prozent der Schüler bewerten ihre Gesundheit als ausgezeichnet, 49 Prozent bewerten sie als gut (beides in 2022, d. Red.). Die große Mehrheit der Schüler gibt auch an, mit dem Leben zufrieden zu sein, wobei Mädchen sowie Schüler aus Familien mit niedrigem Wohlstand eine niedrigere Lebenszufriedenheit angeben als Jungen beziehungsweise Schüler aus Familien mit hohem Wohlstand. Von 2006 bis 2022 ist die Lebenszufriedenheit stabil auf einem hohen Niveau geblieben." Ein Rückgang sei nur bei Mädchen zwischen 2018 und 2022 zu beobachten.

Der glücklichste Lebensabschnitt

Dr. Caroline Residori ergänzt die Aussagen ihrer Kollegin: "Unsere Studien zeigen, dass es jungen Menschen 2020, also während der Pandemie, schlechter ging." Eine WHO-Studie, an der Dr. Residori mitgewirkt hat, zeigt, dass zwischen 15 und 30 Prozent der Jugendlichen negative Auswirkungen in verschiedenen Lebensbereichen – psychische Gesundheit, körperliche Aktivität, schulische Leistungen waren dabei am meisten betroffen. Selbst nach der Pandemie im Jahr 2022 berichten acht Prozent der jungen Menschen in Luxemburg weiterhin über negative Auswirkungen in den meisten Bereichen ihres Lebens. Ihrer Meinung nach würden Jugendliche anerkennen, dass das Leben komplexer geworden ist und viele würden auch auf emotionaler Ebene damit klarkommen. "Die Mehrheit sagt, dass die Pandemie entweder keine oder eher positive Auswirkungen hatte." Das sei an sich ein gutes Zeichen dafür, dass die Mehrheit der jungen Menschen die Pandemie nicht als große Katastrophe empfunden hat. "Für Kinder und Jugendliche, die sich mitten in ihrer Entwicklung befinden, sollte es die glücklichste und gesündeste Zeit ihres Lebens sein. Dennoch sagen um die 30 Prozent, dass sie negative Folgen auf ihre psychische Gesundheit spüren. Das ist ein sehr beunruhigender Prozentsatz. Wir sehen sehr gefährdete junge Menschen, die in viel stärkerem Maße unter psychischen Symptomen leiden als vor der Pandemie", sagt Dr. Residori. Laut einem Bericht der HSBC-Umfrage von 2018 heißt es, dass 49 Prozent der Mädchen und 31 Prozent der Jungen von multiplen psychosomatischen Beschwerden betroffen sind, 2022 waren es 62 und 35 Prozent. "Bei den Mädchen treten diese Beschwerden umso häufiger auf, je älter sie sind."

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