Die richtige Art der Hilfe finden

Von Laura TomassiniLex KlerenMisch Pautsch

Sie nennen sich Intuitive Energy Reader, Human Potential Coaches oder Inner Child Healers: sogenannte Life oder Mental Coaches gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Ihr Angebot ist dabei mit Vorsicht zu genießen, denn nicht immer ist auch Coach drin, wo Coach draufsteht.

Ihr Revier sind die sozialen Medien, ihr "Talent", Lebenswege so zu beeinflussen, dass Ängste verschwinden und das Selbstwertgefühl ihrer Klient*innen geboostet wird, dies jedenfalls versprechen zahlreiche Coaches online potenziellen Kund*innen. Durch positiven Zuspruch, Meditation und die Eliminierung von Kindheitstraumata soll Veränderung hervorgerufen werden. Von in jungen Jahren Gefühltem und Erlebtem geprägte Empfindungen und Handlungsmuster werden gemeinsam durchbrochen und durch neue, positive Energie für die Zukunft ersetzt.

Dass genau diese Versprechungen allerdings mit einer gesunden Portion Skepsis zu betrachten sind und bei falschem Einsatz teils gravierende Folgen haben können, mussten mehrere Patient*innen der Psychologinnen Laura Schumacher und Nora Welter in der Vergangenheit erleben. "In einer meiner Sitzungen ist das Thema Coaching aufgekommen, weil es einer meiner Patienten danach so schlecht ging, dass ich befürchtete, sie in die Psychiatrie überweisen zu müssen. Sie hatte an einem Coaching-Programm teilgenommen und dort wurden viele Dinge aus ihrer Vergangenheit aufgewühlt, die anschließend nicht richtig aufgefangen wurden, weil es der Person, der sie sich anvertraut hatte, an entsprechenden Kompetenzen fehlte", berichtet Schumacher.

Achtung vor falscher Therapie

Die Psychologin befindet sich derzeit in der Ausbildung zur Psychotherapeutin und hat sich mit anderen Kolleg*innen im Rahmen ihrer zum Studium dazugehörenden Supervision über das Thema ausgetauscht. Und siehe da: die Berichte über ähnliche Fälle häuften sich. "Es fiel schnell auf, dass bereits viele von uns Patienten hatten, die schon mit Coaching-Angeboten in Kontakt gekommen sind und manche Praktiken sehr fragwürdig erscheinen", erklärt die Psychologin. Mehrere Beispiele stachen den angehenden Psychotherapeut*innen besonders ins Auge: eine minderjährige Patientin, die an sozialen Ängsten leidet und ihr gesamtes Taschengeld in einen Coach investierte, welcher ihr ein gesteigertes Selbstbewusstsein versprach, sowie die oben genannte Patientin, die das Coaching von sich aus unterbrach, weil es ihr nach einiger Zeit mental immer schlechter ging.

Keine*r der Betroffenen war gewollt, persönlich von ihren negativen Erfahrungen mit Coaching zu berichten – aus Angst vor den Folgen, Scham, vor allem aber, weil das Erlebte noch immer zu sehr schmerzt und manche*n Patient*in bis heute in Tränen ausbrechen lässt. "Das Problem ist, dass viele Coaches sich online als psychologisches Unternehmen ausgeben, obwohl sie gar keine Psychologen sind. Sie sprechen während der Sessions Themen an, deren Behandlung sie nicht anbieten können und ihre Kunden werden dann mit ihrem Leid alleine gelassen. Die Büchse der Pandora wird geöffnet und die Betroffenen wissen nicht, wie sie sie wieder schließen sollen", warnt Schumacher.

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