Demenz-Strategie: „Viel Anlauf, aber nicht weit genug gesprungen“

Von Laura TomassiniMisch PautschGilles Kayser

Zurzeit besitzt Luxemburg keinen nationalen Aktionsplan, wenn es um demenzielle Erkrankungen geht. Schätzungen zufolge wird sich die Zahl der Demenzkranken jedoch bis 2050 verdreifachen, so dass eine Strategie auf Landesniveau immer dringlicher wird.

„Alte Menschen sind nun mal nicht sexy“, dieser Satz fiel in quasi jedem der Interviews, die zum Thema Demenzerkrankungen geführt wurden. Was instinktiv zu empörtem Aufschnaufen führt, spiegelt jedoch eine Realität wieder. Denn trotz der Annahme, dass in Luxemburg rund 8.000 Menschen von einer Demenz betroffen sind und sich diese Zahl internationalen Schätzungen zufolge bis 2050 verdreifachen könnte, existiert für diese hierzulande keine wirkliche Lobby – genau so wenig, wie eine klare nationale Strategie, die sich der Prävention, frühen Diagnostik und medizinischen Versorgung von erkrankten Personen annimmt.

 „Luxemburg besitzt keinen offiziellen Nationalplan. Das einzige, was bislang festgehalten wurde, ist der Schlussbericht des Lenkungsausschusses zur Erstellung eines nationalen Aktionsplans ‚Demenzielle Erkrankungen‘. Dieser wurde 2013 verfasst und sollte bis 2018 laufen, um schließlich evaluiert und in eine nationale Strategie umgesetzt zu werden. Das ist allerdings nie passiert“, konstatiert Christine Dahm-Mathonet, Direktionsbeauftragte des Info-Zenter Demenz. Die nationale Informations- und Beratungsstelle ist neben der psycho-geriatrischen Ausbildung für Professionelle mit speziellen Ansätzen im Umgang mit demenzkranken Patient*innen einer der wenigen Aktionsvorschläge, die im Bericht vor fast zehn Jahren von den verschiedenen Arbeitsgruppen festgehalten und effektiv umgesetzt wurden. Alle anderen Maßnahmen: Fehlanzeige.

Kein einheitliches Diagnoseverfahren

Dahm-Mathonet sieht Nachholbedarf, sowohl bei künftigen Initiativen, als auch bei den bestehenden: „Unser Info-Zenter existiert seit 2016 und ich denke, soweit leisten wir gute Arbeit. Dennoch wurde auch diese Maßnahme noch nie von einem externen Experten kontrolliert, wie es eigentlich für solche Organismen der Fall sein sollte.“ Auch das im Bericht angeschnittene einheitliche Diagnoseverfahren für demenzielle Erkrankungen wurde nie auf nationaler Ebene durchgesetzt. Prof. Michael Heneka, Direktor des Luxembourg Centre for Systems Biomedicine (LCSB) der Universität Luxemburg, erklärt die Problematik: „Für eine zweifelsfreie Diagnose von Demenz braucht es mehrere Verfahren, um den Ausschluss anderer Erkrankungen zu garantieren. Hierzulande ist das allerdings noch nicht landesweit strukturell umgesetzt und es gibt keine spezialisierte Gedächtnisambulanz.“

Ausführliche neuropsychologische Testverfahren, eine Untersuchung des Nervenwassers auf neurodegenerations-assoziierte Biomarker, auch Liquoruntersuchung genannt, eine Kernspin- oder Magnetresonanztomographie des Gehirns, kurz MRT, eine Ultraschalluntersuchung der hirnversorgenden Blutgefäße sowie ein Elektroenzephalogramm – all diese in spezialisierten Kliniken im Ausland angewandten Diagnoseverfahren würden in Luxemburg nicht routinemäßig in Kombination zur Auswertung kognitiver Störungen eingesetzt. Dies trotz ihrer Verlässlichkeit bei der Diagnose neurodegenerativer Erkrankungen, zu denen auch die Demenz gehört.

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