Aus der Not eine Wohngemeinschaft

Von Christian BlockMisch PautschLex Kleren

Das „WG Projet“ der Life asbl ist 2020 durchgestartet. Für die meisten Bewohner*innen ist diese Wohnform allerdings eine unfreiwillige Wahl, auch wenn das Zusammenleben in den meisten Fällen gut funktioniert. Der für das Projekt verantwortlich zeichnende Verein will auf diese Weise mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen. Hürden gibt es dabei gelegentlich auch.

Wie es ist, in einer Wohngemeinschaft zu leben, das weiß Anne-Cécile. Vor vielen Jahren hat sie die Erfahrung in Belgien gemacht. „Damals war es eine bewusste Wahl. Ich mag diesen Lebensstil.“ Heute sind es die Lebensumstände, die maßgeblich dazu führten, dass sich die 39-jährige Belgierin mit drei Mitbewohner*innen ein Haus nahe der deutschen Grenze teilt. Vor etwa zwei Jahren ging die Ehe in die Brüche. Nach einem Burn-out hatte sie mehrere Jahre zuvor ihren Job aufgegeben und kümmerte sich seitdem um die heute achtjährige Tochter. Anne-Cécile machte sich zunächst auf Wohnungssuche. Doch ohne festen Arbeitsvertrag, mit einer Tochter in alternierender Obhut, einem Hund und angesichts der Immobilienpreise eine Sache der Unmöglichkeit. „Ich stand mit dem Rücken zur Wand“, erzählt sie. Doch dann eines Tages hört sie vom „WG Projet“ der Life asbl und meldet sich an. Seit einem Jahr lebt sie nun mit Mieter*innen aus dem Niger, der Elfenbeinküste und Brasilien zusammen. Für die Warmmiete zahlt sie 440 Euro.

Die unfreiwillige WG-Erfahrung teilt Anne-Cécile mit Abdullah, auch wenn sich die Lebenswege der beiden stark unterscheiden. Der 28-jährige Geflüchtete aus dem Jemen ist seit annähernd zwei Jahren in Luxemburg. Vier Monate dauert es, bis sein Asylantrag angenommen wird. Doch als Geflüchteter Arbeit und eine Wohnung zu finden ist nicht einfach. Rund die Hälfte der Bewohner*innen in Asylstrukturen hat das Statut und müsste die Einrichtung eigentlich verlassen. Abdullah hat Glück. Der gelernte Buchhalter findet Arbeit in der Gärtnereibranche. Über eine Sozialarbeiterin erfährt er dann vom gemeinnützigen Verein. Vor fast einem Jahr zieht er in ein großes Haus in der Gemeinde Grosbus ein, das er sich mit sechs weiteren teilt, ebenfalls eine internationale WG. „Ich bin aus der Hölle des ONA-Flüchtlingsfoyers (Office national de l’accueil, d. R.) in den Himmel des WG-Projekts der Life asbl gelangt“, resümiert Abdullah seine Erfahrung. Im Foyer musste er sich ein Zimmer mit fünf Personen teilen. Dafür verlangte man ihm, nachdem er Einkommen bezog, eine Beteiligung in Höhe von monatlich 650 ab. Die Situation war angespannt und belastend, auch weil seine Mitbewohner noch auf ihren Asylbescheid warteten oder ihr Antrag abgelehnt wurde. In seiner neuen Bleibe zahlt er einschließlich Nebenkosten 100 Euro weniger.

Wohnlösungen für knapp 100 Personen

Geschichten wie diese haben die in der Life asbl engagierten Freiwilligen schon etliche gehört. Erst im Jahr 2020 hat der gemeinnützige Verein „konkret“ mit dem Aufbau von WGs begonnen. Im Januar des Vorjahres machte der Verein anlässlich einer Pressekonferenz in Zolwer einen Aufruf an Hauseigentümer*innen. Das Echo übertraf die Erwartungen des kleinen Vereins gänzlich. „Wir wurden positiv überrascht“, erinnert sich Gary Diderich. „Insgesamt gibt es 30 Akteure, die ,gestion locative sociale‘ machen. Wir dachten, dass Eigentümer, die etwas Soziales machen wollen, eigentlich schon abgedeckt wären.“

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