"Auch ein Minister ist nur ein Mensch"

Von Pascal SteinwachsLex Kleren

CSV-Innenminister Léon Gloden spricht mit uns über das Bettelverbot, über die Gefahren islamistischer Attacken, über Grenzkontrollen, über die Immigrationspolitik und über Weinköniginnen und -prinzessinnen.

Wir treffen Léon Gloden in seinem Büro in der Rue Beaumont, begeben uns vor dem Interview aber noch kurz auf die Straße, um dort einige Fotos zu schießen. Wir haben gerade mit der Fotosession angefangen, als uns auch schon ein Mann anspricht, um den Minister für seine Maßnahmen im Kampf gegen die organisierte Bettelei zu beglückwünschen. Die Situation in den Straßen der Oberstadt habe sich seitdem bedeutend verbessert, so der Mann, der ein Geschäft unweit des Theaterplatzes hat. Keine zwei Minuten später dann ein gänzlich anderes Bild, als uns ein sichtlich angetrunkener Mann entgegenkommt, der, als er Léon Gloden sieht, in einer uns nicht verständlichen Sprache lautstark zu schimpfen anfängt, wobei aber nicht klar wird, ob er den Minister erkannt hat oder einfach nur so herumschreit.

Lëtzebuerger Journal: Ein Innenminister wird ja oftmals als so eine Art Obersheriff bezeichnet. Würden wir uns im Wilden Westen befinden, so hätten Sie wahrscheinlich den Ruf eines richtig harten Hundes. Wer sich nicht an die Regeln hält, der spürt das Auge des Gesetzes: Die Ganoven werden ohne Fisimatenten hinter Schloss und Riegel gebracht, und Bettler*innen, die das Stadtbild stören, werden einfach hinter die Stadtgrenze verfrachtet.

Léon Gloden: Ich bin ja nicht Polizist, sondern Innenminister, und der hat eine Reihe von Kompetenzen. Dieser ist unter anderem für die Gemeinden und für die innere und zivile Sicherheit zuständig. Als Abgeordneter hatte ich mich ja auch schon mit den Bereichen Sicherheit und Polizei befasst, so dass Luc Frieden, der eine Person suchte, die sich mit den Gemeinden und dem Polizeiwesen auskennt, mir diese Bereiche übertrug. Einige Leute dachten ja, ich würde Justizminister werden. Die Sicherheit war eine der Wahlprioritäten der CSV. Diese Regierung ist nicht zuletzt auch deshalb gewählt worden, um neue Akzente in der Sicherheitspolitik zu setzen, und das tut sie auch. Als früherer Bürgermeister habe ich ein sehr gutes Verhältnis zur Polizei und kenne deren Probleme.

Wären Sie in Wirklichkeit nicht doch lieber Justizminister geworden?

Die Ressortverteilung obliegt dem Premierminister. Ich habe mich gut eingelebt, und die Arbeit macht mir großen Spaß. Ich interessiere mich aber natürlich immer noch für das Justizwesen.

Die ersten Monate der neuen Regierung waren jedenfalls ausschließlich vom Bettelverbot geprägt. Mit Ihrer Law-and-Order-Aktion haben Sie sogar Premier Frieden und seiner Anpassung der Steuertabelle die Show gestohlen. Es dürfte keinen Minister gegeben haben, über den zu Beginn der neuen Regierung mehr gesprochen und gestritten wurde als über Sie.

Zu diesem Thema ist alles gesagt und geschrieben worden. Noch einmal: Durch seine Kompetenzen steht der Innenminister im Fokus der Öffentlichkeit. Immer, wenn etwas in einer Gemeinde oder im Bereich der inneren und zivilen Sicherheit passiert, dann ist der Innenminister gefordert. Dessen muss man sich bewusst sein, und das macht den Job auch so interessant. Darüber habe ich zum Beispiel oft mit meiner deutschen Amtskollegin Nancy Faeser gesprochen, mit der ich übrigens ein sehr gutes Verhältnis pflege.

Wobei Nancy Faeser mehr ankündigt als umsetzt …

Ich will mich jetzt nicht selbst loben, aber ich bin bekannt dafür, und das war ich auch als Bürgermeister, dass ich, wenn ich etwas sage, das dann auch mache. Es ist vielleicht nicht immer jeder mit allem einverstanden, aber in der Politik muss man handeln. Wir wurden gewählt, um die Entscheidungen zu treffen, die im Koalitionsabkommen festgehalten sind.

Hat Ihnen Regierungs- und Parteichef Frieden trotzdem nicht hinter verschlossenen Türen die Ohren lang gezogen?

Ich kann nur feststellen, dass sich die Situation in Bezug auf das aggressive Betteln in der Hauptstadt wesentlich verbessert hat. Viele Leute sagen mir, dass sie sich jetzt wieder trauen würden, zusammen mit ihren Kindern in die Stadt zu kommen. Es war ja auch nicht meine Entscheidung, sondern ein Entscheid der Stadt Luxemburg. Einer meiner Mitarbeiter hatte mich auf das anhängige Gerichtsverfahren aufmerksam gemacht.

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