Für Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf ist schulische Inklusion oft eine ambivalente Erfahrung. Obwohl Luxemburg sich im internationalen Vergleich als Spitzenreiter sieht, zeigt die Realität, dass Reformen das System zunehmend komplexer machen und nur langsam zu Verbesserungen führen. Eine Betrachtung aus mehreren Perspektiven.
Schulische Inklusion ist einfacher gesagt als getan. Historisch, aber auch in der Praxis.
In Luxemburg reichen ihre Anfänge auf die 1960er Jahre zurück. Allerdings sollte sich das Großherzogtum erst ab 1990 auf den Weg zu einer Bildung für alle machen. Das arbeitete die nationale Beobachtungsstelle für Kindheit, Jugend und schulische Qualität (OEJQS) in einem 2023 erschienenen Bericht heraus.
In den vergangenen Jahren hat das Land vor allem mit der Abschaffung des Sonderschulwesens einen bedeutsamen Schritt in Richtung von mehr Inklusion unternommen. Positive wie negative Reaktionen blieben nicht aus.
Das zeigt beispielsweise ein Bericht des Bildungsministeriums von Januar 2023. In einer darin enthaltenen Umfrage befürwortete zwar eine Mehrheit (64 Prozent) des Schulpersonals das Prinzip der Inklusion. Gut ein Viertel (rund 27 Prozent) der Befragten sprach sich jedoch dagegen aus, Schüler*innen mit besonderem Förderbedarf in reguläre Klassen zu integrieren. Noch stärker fiel die Nuance bei der Anerkennung der Vorteile von Inklusion aus. Ein Drittel (rund 34 Prozent) sah in der Anwesenheit von Schüler*innen mit Förderbedarf keine Vorteile für die anderen Mitschüler*innen. Dem standen 45 Prozent des verbleibenden Schulpersonals entgegen.
Ergebnisse, die zu denken geben? Sandra Beck vom Informations- und Beratungsdienst bei Info-Handicap sagt es so: "Inklusion ist einfach ein schwieriges Thema in der Gesellschaft. Ich habe den Eindruck, dass Sonderschulen nicht nur in Luxemburg, sondern auch in anderen Ländern, mit bestem Wissen und Gewissen geschaffen wurden, um Kindern mit besonderem Förderbedarf entgegenzukommen, um ihnen eine bestmögliche schulische Ausbildung bieten zu können […] Das hatte als gesellschaftliche Konsequenz, dass Menschen mit Behinderung mehr und mehr die Regelschule verließen und wir als Gesellschaft einfach den Kontakt zu diesen Menschen verloren haben." Gleiches gelte für die Arbeitswelt, so die Sozialarbeiterin weiter, in der unter steigendem Leistungsdruck immer mehr Menschen mit Handicap ihren Platz verloren hätten. Dass es viele Berührungsängste gegenüber Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft gebe, sei ein Fakt. "Deshalb halte ich persönlich Inklusion für etwas sehr Wichtiges, weil wir in Kinderjahren lernen, Barrieren abzubauen." Zudem sollen sich so die Chancen von jungen Menschen verbessern, später in der Arbeitswelt Fuß zu fassen.
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