Am helllichten Tag

Von Misch Pautsch

Mit der Ankunft der ersten Flüchtenden aus der Ukraine wurden nationale und internationale Warnungen vor Menschenhandel ausgesprochen. Während es noch zu früh ist, um Schlüsse über Menschenhandel mit Menschen aus der Ukraine zu ziehen, erinnern sie daran, dass Menschenhandel in Luxemburg auch vorher schon ein Problem war und ist. Die Opfer sind nicht immer da zu finden, wo man sie erwarten würde.

Die Bilder von flüchtenden Menschen, die von Putins Angriffskrieg aus ihrer Heimat verdrängt wurden, haben in Europa eine Welle der Solidarität ausgelöst. Es dauerte jedoch nicht lange, bis die ersten Berichte von Männern laut wurden, die auf Bahnhöfen allein reisenden Frauen und Kindern aufgelauert haben sollen, die etwa 90 Prozent der Flüchtenden ausmachen. „Das Versprechen von Unterkunft, Arbeit und vor allem Sicherheit sind schwer zu ignorieren und genau darum ausnutzbar“, sagt Fabienne Rossler von der Commission Consultative des Droits de l’homme (CCDH), dem luxemburgischen Berichterstatter für Menschenhandel. „Diese Menschen sind enorm vulnerabel und haben Traumata durchlebt, sodass das Risiko enorm groß ist, dass sie in die Hände von solchen Leuten fallen können.“

Aus Luxemburg seien solche Fälle laut Rossler bisher noch nicht bekannt. Aber das bedeutet nicht, dass Menschenhandel in Luxemburg nicht auch vorher schon ein größtenteils unsichtbares Problem war: Laut dem aktuellen Bericht der CCDH stieg die Zahl der Fälle von Menschenhandel oder Ausbeutung im Großherzogtum an – und das noch bevor die vulnerablen Personen aus der Ukraine ankamen: 23 bestätigte oder vermutete Opfer wurden in den Jahren 2019 und 2020 laut dem Bericht identifiziert. Infotraite, einer Anlaufstelle für Opfer von Ausbeutung, liegen aktuell rund 35 aktive Dossiers vor, also Fälle von den Personen, die es geschafft haben, aus ihrer Ausbeutungssituation auszubrechen. Einen Teil der steigenden Zahlen lässt sich laut Fabienne Rossler zwar durch verstärkte Anstrengungen erklären, Menschenhandel offen zu legen, aber die „Zahlen sprechen eine klare Sprache“, und die Dunkelziffer liegt vermutlich deutlich höher.

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