Nachdem der OGBL Ende Oktober bereits im Rahmen der Verhandlungen zum neuen Lohnabkommen eine Erhöhung der Gehälter des öffentlichen Dienstes gefordert hatte, ist die Debatte um Diskrepanzen zwischen Staat und Privat neu entflammt. Arbeitnehmer*innen erzählen, welche Argumente sie zu dem Wechsel aus dem einen und in den anderen Sektor bewegt haben.
Finanzielle Stabilität gegen unternehmerische Freiheit, „eng roueg Klatz“ gegen Stress am Arbeitsplatz, Privat gegen Staat: Seit der „Onofhängege Gewerkschaftsbond Lëtzebuerg“ (OGBL) fünf Prozent mehr Gehalt für Mitarbeitende des öffentlichen Dienstes gefordert hat – und diese am 9. Dezember auch gewährt wurden –, brodelt es in Luxemburg. Während sich Staatsbeamte und Angestellte der Privatwirtschaft in den Kommentarspalten der Medien um die Privilegien der jeweiligen Sektoren streiten, redet die Staatsbeamtengewerkschaft (CGFP) vom Entfachen einer „Neid-Debatte“ – schließlich habe Marc Hansen, Minister für den öffentlichen Dienst, die 2011 vereinbarte Studie zum Lohn von Staatsangestellten nicht zufällig just vor dem Start der Verhandlungen zum neuen Gehälterabkommen veröffentlicht.
8.688 Euro brutto im Monat, ab 1. Januar 2023 für zwölf Monate nochmal 106 Euro brutto monatlich mehr – so viel verdienen Staatsbeamte im Schnitt in Luxemburg, der 13. Monat bereits eingenommen, weitere „Accessoires“ wie Ess-Prämien oder Familienzuschlag jedoch ausgenommen. Auf die vom Generalsekretär der Handwerkerföderation Romain Schmit geforderte Vergleichsstudie zu den Löhnen des Privatsektors muss Luxemburgs Bevölkerung wohl noch etwas warten, diese stellt sich jedoch bereits nun die Frage: Sind die Klischees um das ruhige Arbeitsleben beim Staat mitsamt zahlreichen Vorteilen gerechtfertigt, oder gehören die Vorurteile in jene Schublade verbannt, die auch andere illegitime Stereotypen füllen?
Finanzielle Sicherheit
„Manche Dinge sind beim Staat besser, an andere muss man sich gewöhnen“, meint Tom (Name von der Redaktion geändert), der letztes Jahr vom Privatsektor in den öffentlichen Dienst gewechselt ist. Lange Jahre hatte er als Grafikdesigner bei privaten Betrieben gearbeitet, nach einer Entlassung und einigen Monaten im Chômage nahm er dann an der FutureSkills Ausbildung der ADEM teil, die ein Praktikum im öffentlichen Dienst vorsieht. Seine aktuelle Stelle als Angestellter der B1-Karriere bezeichnet der Grafiker als „Glückstreffer“, denn: „Seit ich beim Staat bin, ist vieles relaxter: Die Arbeitszeiten, freie Wochenenden, ein cooles Team und tolle Projekte.“ Durch die Staffelung der Gehälter nach Karrieren sei sein Gehalt klar definiert und voraussehbar, die Auszahlung des zusätzlichen 13. Monats und die einhergehende finanzielle Stabilität würden so etwa die Zusage eines Kredits bei einer Bank als „weniger problematisch“ gestalten.
Dies kann auch Sophie (Name von der Redaktion geändert) bestätigen. Bereits vor ihrem ersten offiziellen Tag beim neuen Arbeitgeber erlebte die Beamtin, welche Türen die Stelle beim Staat eröffnet: „Fünf Tage vor meiner zweiten Prüfung wurde mir meine damalige Wohnung gekündigt. Als ich mein Resultat erhielt, machte ich mich also auf die Suche nach einer neuen. Zuerst habe ich immer nur gesagt, ich hätte eine feste Arbeit, wenn ich auf Nachfrage aber präzisierte, dass diese beim Staat ist, war dies wie ein Freifahrtschein.“ Auch der Kredit fürs neue Auto war noch während ihrer Probezeit („stage“) kein Problem – die Bank bewilligte diesen ohne Zögern.
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