Vor den Türen der Wanteraktioun

Von Misch Pautsch

Immer mehr Menschen sind auf die Wanteraktioun (Winteraktion, kurz WAK) angewiesen, um nachts nicht auf den Straßen Luxemburgs zu erfrieren. Wir waren vor dem Nachtfoyer, um mit den Leuten zu reden und einen kleinen Einblick in ihr Leben zu bekommen.

„Erstes Mal hier?“ Der Sicherheitsbeamte vor der WAK (Wanteraktioun) neigt fragend den Kopf: „Français, Deutsch? English?“ „Deutsch“, sage ich: „Erstes Mal. Aber ich will nur hier vor der Tür stehen bleiben.“ Der Beamte gibt ein fragendes Geräusch von sich, nickt aber Richtung Tür. Die Erklärung, ich sei Journalist und wolle mir einen Eindruck von der Situation hier machen, hört er scheinbar nicht. Wer die WAK am Findel zum ersten Mal besucht, braucht keine Anmeldung, danach schon. Niemand wird die erste Nacht vor der Tür stehen gelassen, weil er*sie die Regeln noch nicht kennt. Musik und das Klirren von Besteck auf Tellern klingen durch die Tür. Ich gehe nicht hinein, sondern setze mich auf das frostüberzogene Geländer vor der Tür – die Raucherecke. Die WAK ist ein Rückzugsort für die Leute, die hier übernachten, weil sie sonst keinen Platz dafür haben. Sie brauchen keine ungebetenen Gäste, die auch noch in diese letzte private Sphäre eindringen. Darum kommen in diesem Artikel keine Namen oder Fotos vor, auf denen jemand zu erkennen ist.

Es ist kurz nach 21 Uhr und am Eingangsbereich herrscht reges, aber bedachtes Treiben. In diesem Winter waren schon früh im Jahr außergewöhnlich viele Leute hier. Aber spätestens seitdem die Temperaturen nachts konstant unter den Gefrierpunkt fallen, finden mehr und mehr Menschen Zuflucht vor der Kälte. 250 Betten warten auf sie, abschließbare Schränke, Duschen und warmes Essen. Die Security misst bei jedem Neuankömmling die Körpertemperatur, kontrolliert die Rucksäcke und Taschen – davon haben manche mehr, manche weniger: Eine schlotternde Frau, die gerade ums Eck kommt ist vollbepackt, der Mann vor ihr kommt mit leeren Händen. Die kleinen Gruppen vor der Tür beachten das Geschehen nicht. Einige sind in Gespräche vertieft, die meisten schweigen und rauchen. Ein Mann mit Harlekin-Mütze, die medizinische Maske unter das Kinn gezogen, kommt zu mir, während er eine Zigarette rollt: „Sie sind Journalist?“ Ich nicke: „M-hmm.“ „Dann müssen Sie hier aber aufpassen. Da gab‘s ein paar Probleme …“

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