Scheidungen mit Nachwehen

Von Christian BlockLex KlerenMisch Pautsch

In den vergangenen Jahren hat sich das Modell der "résidence alternée" (alternierende Obhut der Kinder) in Luxemburg etabliert. Doch es gibt weder offizielle Zahlen, noch sind beide Elternteile wirklich in allen Belangen gleichgestellt.

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Als wir Jérôme (Name von der Redaktion geändert) zum Interviewtermin treffen, wirkt er gelassen. Eine Woche früher oder später wäre das vermutlich anders gewesen. Denn abwechselnd im Wochenrhythmus hat er die Obhut über die Kinder.

Jérôme ist geschieden. Er hat sich bereit erklärt, über seine Situation zu sprechen, will dabei aber anonym bleiben. Er wolle vermeiden, dass durch das Interview möglicherweise Diskussionen aufkommen. Obwohl die Scheidung bereits ein paar Jahre zurückliegt, kann das ein Indiz dafür sein, welches Konfliktpotenzial von Trennungen und Scheidungen ausgehen kann.

Im Juni 2018 hat das Parlament nach jahrelangen Diskussionen eine Reform des Scheidungsrechts auf den Weg gebracht, die einem Paradigmenwechsel gleichkommt. Die Reform hat den Scheidungsvorgang durch die Einführung von Familienrichter*innen beschleunigt und das Prinzip des gemeinsamen Sorgerechts für die Kinder verankert. Sowohl im Falle von Trennungen als auch Scheidungen sollen beide Elternteile gemeinsam über die wichtigen Entscheidungen im Leben ihres Kindes beraten. Außerdem schafften die Abgeordneten mit ihren Stimmen die Schuldfrage ab. Eine Scheidung kann seit Inkrafttreten des Gesetzes nur mehr im gegenseitigen Einverständnis oder infolge einer Zerrüttung erfolgen. Endet die Ehe im Streit, gehen beide Partner*innen ihrer Wege, ohne dass dem*der jeweiligen anderen Fehler nachgewiesen werden müssen.

Diesen Weg hätte Jérôme wohl bevorzugt, weil seine damalige Frau durch ihr Verhalten das gegenseitige Vertrauen gebrochen habe. Doch weil sich die gesetzliche Lage änderte, "haben wir in gegenseitigem Einverständnis beschlossen, uns das Sorgerecht der Kinder zu teilen", berichtet der Vater. Das Sorgerecht für sich zu beanspruchen und so Streit zu provozieren, das habe er nicht gewollt. "Was hätte die Uneinigkeit gebracht?", bemerkt Jérôme und schiebt die Antwort auf seine rhetorische Frage gleich hinterher: Es hätte bedeutet, das Risiko in Kauf zu nehmen, dass die Kinder bei der Mutter bleiben und er den Nachwuchs hauptsächlich nur noch am Wochenende gesehen hätte. Für die Kinder wäre das eine noch schwierigere Situation gewesen als ohnehin schon. "Am Anfang haben die Kinder viel gelitten", erinnert sich Jérôme. Es habe "Schwierigkeiten" gegeben, nicht nur in der Schule, führt er aus, bleibt aber vage. "Mit der Zeit hat sich das gebessert."

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