Schalom, und so vieles mehr

Von Laura TomassiniAnouk FleschMisch Pautsch

Es ist die älteste monotheistische Weltreligion, eine Lebensweise und ein Volk: Das Judentum gehört seit jeher zur Gesellschaft zahlreicher Teile der Erde, dennoch ist unter Außenstehenden nur wenig über seine Gebräuche bekannt.

„Die meisten denken alle Juden seien reich, dabei lebt ein Drittel des israelitischen Volkes unter der Armutsgrenze. Aber wir ignorieren diese Vorurteile, sie sind uns egal.“ Mit viel Humor, und noch mehr Inbrunst gewährt Luxemburgs Oberrabbiner Alain Nacache Einblick in die Grundprinzipien des Judentums. Als eine der drei Weltreligionen zählt der sogenannte Judaismus insgesamt 15 Millionen Gläubige, wobei dies in den Augen des jüdischen Gelehrten nicht unbedingt das zutreffende Wort ist: „Das Judentum ist eine Lebensweise, eine Art, die Welt zu sehen und sie zu verstehen. Wir sind keine Rasse oder Ethnie, wie das oftmals behauptet wird. Wir sind ein Volk.“

Schätzungsweise 1.500 Juden und Jüdinnen leben aktuell in Luxemburg, dass diese ihren Glauben jedoch auf unterschiedlichste Weise ausleben, zeigt alleine die Aufteilung in drei Oberkategorien. „Wenn man fragt, was es bedeutet, Jude zu sein, dann erhält man ganz verschiedene Antworten, je nachdem an wen man sich wendet. Grundsätzlich geht es immer um das Verhältnis zur Modernität: Es gibt die ultraorthodoxen Juden, die alles Moderne als etwas sehen, vor dem man sich hüten sollte. Dann gibt es die liberale Bewegung, die Modernität als eine Art neue Gottheit betrachtet, und es gibt die traditionalistische Orthodoxie, der ich angehöre und die keine Extreme mag“, so der Oberrabbiner.

Religion als Privatsache

Auch François Moyse ist Teil letzterer und bezeichnet sich selbst als „in der Mitte“. Der Präsident der „Fondation luxembourgeoise pour la Mémoire de la Shoah“ lebt Zuhause mit seiner Familie typisch jüdisch, auch wenn „typisch“ in jedem Fall etwas anderes bedeutet. „Uns unterscheidet eigentlich nicht vieles von anderen, nicht-jüdischen Menschen. Es hängt im Judentum nicht etwa vom Glauben ab, sondern davon, was man praktiziert“, so Moyse. In Luxemburg gebe es quasi keine streng orthodoxen Juden, wie man sie etwa aus Antwerpen kennt, sondern Gemeinschaftsmitglieder, die ihre Traditionen eher diskret und im Privaten ausleben. Ein gutes Beispiel sei die Kippa, die im Großherzogtum auf offener Straße von den meisten entweder gar nicht, oder versteckt unter einem Hut getragen werde, so der Stiftungspräsident.

Es gebe im Judentum zwei Arten von Regeln: Gesetze, wie der oben erwähnte Ruhetag, der bereits in den Zehn Geboten festgehalten wurde und nicht diskutierbar ist, und rabbinische Regeln, zu denen ebenfalls die traditionelle Kopfbedeckung gehört. Ihre Bedeutung erklärt Moyse wie folgt: „Sie ist wie eine Schicht zwischen uns und Gott und soll zeigen, dass wir nie direkt mit ihm in Verbindung sind. Sie ist ein Zeichen der Demut.“ Um die Praktiken und Vorschriften der jüdischen Gemeinschaft zu verstehen, spielt im traditionalistischen Judentum die Lektüre sowie Interpretation der Texte eine zentrale Rolle. Neben der Tora, also der hebräischen Bibel bestehend aus den fünf Büchern Moses, ist vor allem die Mündliche Überlieferung der Lehren, die von Rabbinern im Laufe der Zeit im Talmud festgehalten wurde, ein Kernelement der täglichen Rituale.

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