Von arglistigen Grasmilben und Schokonikoläusen, Belarussinnen und Babypartys, politischen Wechselblütern und öffentlichen Toiletten sowie, wir kommen nicht umhin, ein ganz klein bisschen Fußball. Der satirische Wochenrückblick von und mit Pascal Steinwachs.
Wochenende
Endlich wieder ein richtiges Open-Air-Festival! Das sagen nicht wir, die wir diese Art von Dingsbums gemeinhin verabscheuen wie der Teufel das Weihwasser, sondern das schrob ein vor Begeisterung fast schon delierender Kulturreporter des Tageblatt, nachdem er zuvor dem „The greatest thing since bread came sliced“: Das ‚Gudde Wëllen‘-Open-Air” auf dem Kirchberg beigewohnt hatte: „Während das belgische Duo („La Jungle“) sich durch technisch komplexe, aber ungemein mitreißende Jams windet, sieht man nackte Oberkörper, in die Luft gestreckte Arme; eine Menschenmenge wie ein einziger tanzender Leviathan, der sich in Ekstase schwitzt.“
Wo er recht hat, hat er allerdings recht, denn die jungen (und auch weniger jungen) Leute tanzten sich nämlich tatsächlich derart um Kopf und Kragen, dass man zuweilen den Eindruck hatte, sich nicht auf dem Kirchberg, sondern auf dem Monte Verita zu befinden, wo esoterisch angehauchter Ausdruckstanz bekanntlich bereits zum Frühstück auf dem Programm stand.
We are stardust, we are golden… bravo!
Nicht ganz so neo-hippiemäßig drauf ist unseres Wissens nach der Ex-Kommissionschef und Ehrenbürger von Trier, Jean-Claude Juncker, der in etwa zur gleichen Zeit, wo die Leute auf der Open-Air-Sause händchenhaltend herumschwirbelten, in Trier die höchste Auszeichnung der sogenannten Paneuropa-Union, die sogenannte Sonderstufe der Paneuropa-Verdienstmedaille, erhielt. Warum? „Wenn’s einen glühenden Europäer gibt, dann ist es Jean-Claude Juncker. Er steht für ein Europa, das nicht nur ein Sekretariat der Nationalstaaten ist“, wie der Präsident der Paneuropa-Union Deutschland erklärte. Bravo!
Auslandsminister Jean Asselborn verfügt zwar nicht über derart viele Auszeichnungen wie sein Ex-Regierungskollege Juncker (spontan fällt uns da nur eine „Goldene Ente“ und der „Goldene Kochbengel“ aus „Lafer! Lichter! Lecker!“ ein), aber dafür ist er öfters im Ausland, so zuletzt im gar nicht so Nahen Osten, wo er, dem Wort zufolge, „auf der Suche nach der friedensstiftenden Zauberformel“ gewesen sein soll.
Ob Asselborn diese Zauberformel (nicht zu verwechseln mit dem Zauberwürfel) gefunden hat, entzieht sich unserer Kenntnis, aber was wir wissen, das ist, dass er das Ausland verlassen musste, um beizeiten - man will ja schließlich nicht zu spät zum Nationalfeiertag kommen - wieder im Inland zu sein.
Dort angekommen machte er das, was er am liebsten tut, nämlich Fahrradfahren, wie er seiner Anhängerschaft auf Facebook kundtat: „Le tout pour reprendre des forces le lendemain du retour d’Egypte et de Jordanie… Le vélo est une médecine implacable pour parer aux méfaits physiques des voyages… 111 km entre les cantons de Capellen et Vianden effacent allègrement 11 heures d’avion“.
Dazu postete er, ausgelassen wie ein junges Fohlen, eine Unmenge von lustigen Fotos, die ihn mal im Nahen Osten, mal im Hohen Norden zeigen: „De la Citadelle d’Amman en Jordanie au Château de Vianden…“, „du Nil à l’Our…“, „du Moyen-Orient à la moyenne-montagne luxembourgeoise…“ Wie sagt man doch gleich: Wer später bremst, ist länger schnell. Bravo!
Derart gestärkt war er genug gestärkt, um nur einige Stunden später die belarussische Bürgerrechtlerin Svetlana Tichanowskaja auf Schloss Senningen zu empfangen, wo er dieser den Rücken stärkte. Frau Tichanowska traf aber selbstverständlich auch Staaatspremier Bettel, der sich trotz prall gefüllter Agenda die Zeit nahm, der weißrussischen Oppositionsikone unsere wunderhübsche Altstadt zu zeigen – den entsprechenden „Corniche“-Schnappschuss postete Xavier Bettel auf Twitter.
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