Wartezeiten von bis zu drei Monaten: Die Mobbing asbl stößt ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes an personelle Grenzen. Auch die ITM verzeichnet mehr Anfragen. "Wirkliche" Mobbing-Fälle seien allerdings die Ausnahme – auch weil es Hürden gibt.
Vor etwas mehr als einem Jahr hat sich Luxemburg nach mehr als 20 Jahre anhaltenden Diskussionen ein Gesetz zum Schutz vor Mobbing am Arbeitsplatz gegeben. Der gesetzgeberische Akt sorgte, aus verschiedenen Gründen, weder auf Arbeitgeber- und noch weniger auf Arbeitnehmerseite für Freudensprünge. Er hatte allerdings eine Signalwirkung, die sich im Arbeitspensum der Vereinigung gegen Mobbing und Stress am Arbeitsplatz niedergeschlagen hat. "So viel Arbeit wie im vergangenen Jahr hatte unsere Vereinigung noch nie", lautet das Fazit für 2023 der Direktorin der Mobbing asbl, Magdalena Mida. Infolge der Verabschiedung des Gesetzes "haben sich sehr viele Betriebe bei uns gemeldet. Im vergangenen Jahr haben wir zehn Weiterbildungen und 16 Konferenzen in insgesamt 21 verschiedenen Betrieben abgehalten", hält sie fest.
Für das Interview hat sich das Journal in die Büros des Vereins im Bahnhofsviertel begeben. Das mit einer Sitzgruppe und Sesseln ausgestattete Zimmer gibt den Blick auf einen weitläufigen Innenhof frei, eingekreist von mehrstöckigen Gebäuden. Das Gefühl, umzingelt zu sein, dürfte auch so manche*r Klient*in wahrnehmen, der*die sich an die Organisation wendet. Hier trifft das Team seit mehr als 20 Jahren Menschen, die mit belastenden und erniedrigenden Situationen an ihrem Arbeitsplatz konfrontiert sind. Der Hilfsbedarf bewegte sich 2023 auf einem ähnlich hohen Niveau wie in den Jahren zuvor, wobei der Verein zuletzt wieder mehr Dossiers eröffnete (siehe Grafik).
Das hohe Arbeitspensum hat den Verein dazu veranlasst, im vergangenen November einen Cut zu machen. "Wir haben im November eine Warteliste eingerichtet, weil wir die 2023 eröffneten Dossiers abarbeiten wollten. Das hat mit sich gebracht, dass wir dieses Jahr mit 28 Dossiers gestartet sind." Die Entscheidung hatte zur Folge, dass Menschen, die sich 2024 zum ersten Mal dem Verein anvertrauten, bis zu drei Monate auf einen Termin warten mussten, wie Mida dem Journal Mitte März erklärte.
Auf die Prävention kommt es an
Für die Direktorin der Mobbing asbl stand schon lange vor der Verabschiedung des Gesetzes fest, dass es mit dem gesetzgeberischen Schritt allein nicht getan sein würde. "Das Gesetz wurde gestimmt. Das ist eine gute Sache. Reicht es? Nein. Vor allem deshalb reicht es nicht, weil die individuelle Person nicht genug mit eingebunden ist." In anderen Worten: Die Rechte und prozeduralen Schritte, die das Gesetz vorsieht – betriebsintern und anschließend eventuell über die Gewerbeaufsichtsbehörde – sind das eine. Doch bevor Betroffene überhaupt in der Lage sind oder sich dazu überwinden können, diesen Schritt zu gehen, müsse eine Vorarbeit geleistet werden. Mit Ausnahme der Menschen, die bereits in psychotherapeutischer Behandlung sind, dürfte diese Aufgabe zu einem nicht unerheblichen Teil auf die Mobbing asbl zurückfallen. "Die ITM schickt uns auch Menschen. Das sind vor allem diejenigen, die eben noch nicht bereit sind, es offiziell zu machen, aber eine Hilfestellung benötigen, aufgefangen werden müssen."
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