Rudi Balling ist ein Pionier der Interdisziplinarität – fachübergreifender Forschung. Von Ernährung- über Reproduktionwissenschaft hin zu Genetik und Medizin verwischt er Grenzen. Sein geballtes Wissen kommt seit vergangenem Jahr in der Covid-19 Task Force zum Einsatz.
Wenige Menschen haben in ihrem Leben so viele unterschiedliche Laborkittel getragen wie Rudi Balling. Der gebürtige Eifler arbeitet seit 2009 beim und ist heute Direktor des „Luxembourg Centre for Systems Biomedicine“. Im vergangenen Jahr ist er zu einem der Gesichter der Covid-19 Task Force geworden. Seine lange Karriere macht es nicht nur schwer, ihn mit einem einzigen Label zu beschreiben, sondern auch fast unmöglich, im Gespräch bei nur einem Thema zu bleiben.
Lëtzebuerger Journal: Eigentlich wollte ich an dieser Stelle ein Gespräch über eines Ihrer Fachgebiete – die Genetik – führen, aber da Sie Mitglied der Covid-19 Task Force sind, kommt man kaum um das Thema herum.
Prof. Rudi Balling: Das schließt sich keineswegs aus. Die Genetik des Virus ist hochspannend. Man sieht zum Beispiel, dass einige vergleichsweise junge Menschen hochkrank werden, obschon sie keine Vorerkrankungen haben. Woran liegt das? Bei einem Teil ist es die Genetik, die sie anfällig macht. Eine der brandaktuellen Fragen ist, warum Corona-Patienten oft als erstes Symptom nicht mehr richtig riechen können. Da degenerieren wohl die Geruchsnerven in der Nase. Das ist ein klassisches Frühsymptom von Parkinson. Und da beginnen schon die Gebiete ineinander zu greifen: Wir haben ein Forschungsprojekt, in dem wir die Frage stellen, ob unter anderem Parkinsons und Alzheimer eine Art “Diabetes des Gehirns” sind, dass also nicht der gesamte Stoffwechsel betroffen ist, sondern das grundlegende Glukose-Energie-Stoffwechsel-Problem „nur“ auf das Gehirn beschränkt ist. Also könnte man an sich durch die ganzen Krankheiten mäandern und man wäre immer noch bei Corona.
Die Genetik also als Wurzel der Sache?
Ja, aber sie ist hier nur ein Spieler von vielen. Hier greifen viele Gebiete ineinander: Wissenschaft, Politik, soziale Fragen nach Verantwortung, internationale Politik und Parteipolitik… und damit sind wir dann schon bei Trump und Pressefreiheit und Forschungsfreiheit. Es greift alles ineinander. Meine Rolle in der Covid-19 Task Force im „Work-Package 6: Projection“ war etwa, diesen Hubschrauberblick zu behalten, zu vernetzen, zu sagen „Hier müssen wir noch weiter in die Tiefe gehen, hier können wir Kontakt aufnehmen mit Yale oder London.“ Aber die erste Geige haben dabei Paul Wilmes, Alexander Skupin und viele Mathematiker und Systems Control Ingenieure gespielt.
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