Während die Ansichten von Aktivist*innen und dem Ministerium für auswärtige und europäische Angelegenheiten zur Entwicklungspolitik wohl nicht weiter auseinanderliegen könnten, kann Nicole Ikuku, Direktorin des Cercle de Coopération der Luxemburger NROs, die Argumente beider Seiten nachvollziehen, plädiert aber für etwas Differenzierung. Ein Interview.
Lëtzebuerger Journal: Aktivist*innen wie die ehemalige Präsidentin von Lëtz Rise Up Sandrine Gashonga kritisieren stark die Hintergründe und Herangehensweise der europäischen Entwicklungspolitik und bezeichnen diese als kolonialistisch. Wie sehen Sie diese Kritik in Bezug auf Luxemburg?
Nicole Ikuku: Hierzulande gibt es eine große Vielfalt an großen Nichtregierungsorganisationen (NROs), die zum Teil schon lange existieren und über viel Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe verfügen. Sie kennen das Terrain und können auf konkrete Fallstudien zurückgreifen, nicht nur was die Bedürfnisse oder Probleme der entsprechenden Partnerorganisationen in ihren jeweiligen nationalen oder regionalen Kontexten angeht, sondern ebenfalls bezüglich ihrer Expertise: In welchem Bereich können wir als Land etwas zur Besserung beitragen? Und genau da entsteht dann eine Zusammenarbeit.
Dass die Meinungen zu Entwicklungshilfe so unterschiedlich sind, hat für mich einen einfachen Grund: Aktivistinnen wie Sandrine Gashonga kennen die Realität eines Landes, betrachten das Thema aber vor allem aus einem sozialen oder interkulturellen Blickwinkel. Sie sehen vielleicht nicht immer hinter die verschiedenen Abläufe auf gesetzlichem und ministeriellem Level, was dort wirklich alles an Vor- und Nachkontrolle geschieht. Andererseits gibt es natürlich auch Kritikpunkte, vor allem in Bezug auf politische Entscheidungen. Wir als Plattform sind da um, die Arbeit der Politik zu hinterfragen, Inkohärenzen anzusprechen und den Finger in die Wunde zu legen. Auf der Ebene der NROs sind wir da, um zu reflektieren, die Kompetenzen unserer Mitgliedsorganisationen zu stärken und sie zu vertreten, um ihre Aktionen so zu verbessern.
Sie sprechen von Kontrolle, wie sieht diese denn in Luxemburg aus?
Es gibt einen klaren legalen Kader und eine ganze Liste an Kriterien, die eine NRO erfüllen muss, um vom Staat anerkannt und co-finanziert zu werden. Dies nennt man den ‚cadre logique‘, also die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Beziehungen zwischen MAEE (Ministère des Affaires étrangères et européennes, d. Red) und NROs regeln, über den wir unsere Mitglieder begleiten. Um als NRO anerkannt zu werden und Zugang zu öffentlichen Kofinanzierungen zu erhalten, ist eine Zulassung durch das Ministerium erforderlich. Eingereichte Projekte müssen sowohl klare Zielsetzungen beinhalten, als auch den eigenen Impakt und etwaige Herausforderungen vorsehen. Sie müssen spezifische Objektive formulieren sowie Zwischenresultate, mitsamt Hypothesen und möglichen Risiken. Dies geschieht anhand sogenannter objektiv überprüfbarer Indikatoren und Zwischenbewertungen.
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