Forschung auf dem Venushügel

Von Anne SchaafMisch Pautsch

Sex und Geschichte? Manch eine*m mögen die schönste Nebensache und das gefühlt langweiligste Schulfach der Welt unvereinbar scheinen. Begleitet man Historiker*innen auf der Suche nach der Klitoris, wird aber schnell klar, dass diese Forschungsarbeit alles andere als schnöde ist.

Wo gräbt man, wenn man anhand der Funde Sexualgeschichte schreiben möchte? Die Antworten auf diese Frage sind zahlreich, eins sei aber schon mal vorausgeschickt: Nicht im Boden. Dort käme ein*e Forscher*in nämlich auf der Suche nach der Klitoris und anderen reizenden Themen sowie Reizthemen nicht weit. Dieses spezifische Forschungsgebiet ist keineswegs hermetisch abgeriegelt; es vereint unter anderem das Feld der Körpergeschichte, der Geschlechter- und Bildungsforschung sowie der Sozial- und Politikgeschichte unter einem Dach. Ein multiperspektivischer und interdisziplinärer Ansatz ist unabdinglich. Um sich jenen Wissenschaftler*innen, die Forschungsergebnisse für den luxemburgischen Kontext erarbeiten, widmen zu können, sind ein temporärer Rückwärtsgang und ein Blick über die Landesgrenzen hinweg vonnöten.

Thematische Sprengsätze

Hatte das Forschungsteam um Alfred Kinsey bereits 1947 einen Bericht über die Sexualität von männlichen Amerikanern veröffentlicht, so zündete es 1953 die sogenannte „K-bomb“1. Der Begriff bezieht sich auf das Veröffentlichungsdatum des zweiten Reports, der die Sexualität von weiblichen Amerikanerinnen in den Blick nahm. Die Weltöffentlichkeit erfuhr am gleichen Tag sowohl, wie viele amerikanische Frauen im Schnitt masturbierten und bereits gleichgeschlechtliche Erfahrungen hatten, als auch, dass die Sowjetunion über eine Hydrogenbombe verfügte. Zwei verschiedene Informationen mit vergleichbarer Sprengkraft. Zumal Kinseys Untersuchungen darlegten, dass sich die wissenschaftlichen Befunde grundlegend von der vorherrschenden Sexualmoral unterschieden und man diese Diskrepanz nicht mehr ignorieren konnte.

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