Familienpolitik: Wie gut schützt Luxemburg berufstätige Eltern?

Von Françoise StollLex Kleren Für Originaltext auf Englisch umschalten

Trotz progressiver Maßnahmen in der luxemburgischen Familienpolitik stehen viele Eltern unter immensem Druck - bis hin zum Burnout. Im Interview erklärt die Soziologin Marie Valentova, warum die Balance zwischen Karriere und Familie oft scheitert, welche geschlechtsspezifischen Unterschiede sich hartnäckig halten und welche Antworten es gibt.

Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen betonen zunehmend, dass die Zahl der Burnout-Fälle in Luxemburg nicht nur im beruflichen, sondern auch im familiären Kontext zugenommen hat. Ihnen zufolge sind Eltern besonders häufig von chronischem Stress betroffen, unter anderem aufgrund von (zu) hohen Anforderungen an sich selbst und/oder aufgrund von finanziellem Druck.

In einem Interview mit Marie Valentova, Soziologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Lebensbedingungen am LISER, wird die aktuelle Familienpolitik unter die Lupe genommen: Wie (un)fortschrittlich ist unsere Elternurlaubspolitik im internationalen Vergleich? Wie könnten wir die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für (junge) Eltern und insbesondere für Frauen verbessern – ohne dass der Elternurlaub zu Karriereeinbußen führt?

Lëtzebuerger Journal: Aus Ihrer Sicht als Soziologin und Mitarbeiterin der Abteilung Lebensbedingungen am LISER: Halten Sie die luxemburgische Gesellschaft für eine Hochleistungsgesellschaft, in der Pausen vernachlässigt werden oder sogar verpönt sind?

Marie Valentova: Ich kann mich hier nur auf mein Fachgebiet beziehen, das sich auf Vereinbarkeitsmaßnahmen wie Elternurlaub, Betreuungsgeld und teilweise Kinderbetreuung konzentriert. Wenn wir den Elternurlaub als "Pause" verstehen und die luxemburgische Politik im internationalen Vergleich betrachten, fällt auf, dass sie relativ fortschrittlich und großzügig ist – verglichen mit der Elternurlaubspolitik in anderen europäischen Ländern. Das liegt daran, dass der Elternurlaub als ein individueller Anspruch angesehen wird. Die gewährten Leistungen bieten einen hohen Einkommensersatz und die Bedingungen für die Inanspruchnahme sind relativ flexibel. Im Jahr 2014 berichtete das Europäische Parlament über die Inanspruchnahme des Elternurlaubs durch Väter in 23 Mitgliedsstaaten. Die geringste Inanspruchnahme der Elternzeit durch Väter ist in diesem Bericht in Griechenland mit nur 0,02 Prozent zu beobachten, während – auf der anderen Seite des Spektrums – Schweden eine Inanspruchnahmequote von 44 Prozent aufweist. Luxemburg liegt mit 24 Prozent auf dem vierten Platz.

Leider gibt es kaum Zahlen, auf die man zurückgreifen kann, wenn es um die Work-Life-Balance in Luxemburg geht. Die Zahl der Krankschreibungen aufgrund von Depressionen und Burnout scheint zu steigen. Aber auch hier gibt es keine Zahlen. Wie schätzen Sie diese Trends ein?

Um Daten und Statistiken zu erhalten, muss man sich zunächst die Frage stellen, wie man Work-Life-Balance definiert. Als Soziologin, der sich mit Vereinbarkeitspolitik beschäftigt, verstehe ich das Thema natürlich in diesem Zusammenhang. Deshalb ist es für mich wichtig zu analysieren, ob es Regelungen gibt, die zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie führen könnten, und ob diese angewandt werden. Und wenn nicht, aus welchen Gründen. Ich denke, man kann sagen, dass Sie das Thema wahrscheinlich anders definieren (lacht).

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