Eine Ode an unsere Mütter

Von Laura TomassiniLex Kleren

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Man könnte für sie Balladen schreiben, sich ihren Namen auf die Brust tätowieren lassen, oder einfach ein Video drehen. Zu Muttertag lässt das Lëtzebuerger Journal Mütter und ihre Söhne und Töchter zu Wort kommen, denn keiner kann die Liebe zwischen Mama und Kind so ausdrücken, wie sie selbst.

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Mammendag

*auf Luxemburgisch

Ein unzertrennliches Duo

Mama, Mammeli, Mami – für ihre Mutter hat Aline viele Kosenamen, denn kaum ein Mensch steht ihr so nahe, wie die 65-Jährige. Das jüngste von drei Kindern liebt es mit Mama Suzette zu quatschen – egal zu welcher Tageszeit: „Kachs de oder kachs de net, et ass egal, hatt schwätzt einfach nëmmen virun!“ Um die gemeinsamen Gespräche, die sich teils über Stunden ziehen, parallel zur Hausarbeit weiterführen zu können, hat Aline Suzette deshalb ein Headset besorgt – ganz uneigennützig natürlich. „Es ruft ja auch nicht nur ein Kind an, sondern manchmal drei“, präzisiert die 27-Jährige grinsend. Bei der fünfköpfigen Familie würde sich halt alles erzählt, Tabus gibt es hier keine. „Meine Mutter hat uns von klein auf beigebracht, dass wir ihr immer alles sagen können, egal wie schlimm es ist“, erklärt Aline.

Dass das Verhältnis zwischen Mutter und Kindern so herzlich ist, liegt wohl auch an der Gelassenheit, die Suzette von Anfang an an den Tag legte. „Bei meiner Mutter konnte man immer alles machen. Wenn meine Freunde und ich mal um drei Uhr morgens vom Feiern nach Hause kamen, dann hat sie uns auch noch Nudeln gekocht. Es war ihr nie etwas zu viel.“ Schon als Aline und ihre Geschwister noch klein waren, herrschte daheim meist „full house“: Egal ob Kekse backen, weit über die Tausender Grenze hinaus, Home Partys zum Geburtstag oder einfach mit einer ganzen Bande an hungrigen Mäulern am Mittagstisch – Suzette lieb ihre Kinder und deren Freunde, und diese lieben sie.

„Meine Mutter hat mich bisher auf jedem Lebensweg begleitet, egal wie viele Umwege ich gemacht habe und ich wünsche mir, dass ich auch irgendwann einmal so eine Mama werde, wie sie es ist.“

Aline Stracks

Es ist demnach fast eine Selbstverständlichkeit, dass Alines engster Kreis jährlich am Relais pour la Vie teilnimmt, um der überstandenen Krankheit ihrer Mutter nochmals zu gedenken: „Sie hatte vor Jahren Brustkrebs, das war eine sehr schwere Zeit für uns alle. Aber sie hat sich nie hängen gelassen und ich bewundere sie dafür, wie sehr sie trotz allem immer für uns da war.“ Die gegenseitige Unterstützung weiß auch Suzette zu schätzen, denn diese hat sie bereits durch zahlreiche unschöne Lebensphasen gebracht. „In dem Moment selber merkt man das gar nicht so sehr, aber im Nachhinein rückt einem dann ins Bewusstsein, dass die Familie immer für einen da war“, so die 65-Jährige.

Für sie sind ihre „grouss Maus“, ihr „Tricki“ und ihr „klenge Schockela“ das Wichtigste auf der Welt, denn Suzette ist Mama mit Leib und Seele. Ein Charakterzug, denn auch Aline später bei ihren eigenen Kindern erreichen will: „Meine Mutter hat mich bisher auf jedem Lebensweg begleitet, egal wie viele Umwege ich gemacht habe und ich wünsche mir, dass ich auch irgendwann einmal so eine Mama werde, wie sie es ist.“

Mamas Bester

„Kike, vieni qua!“ – mit einem Lachen listet Mama Delia die vielen Spitznamen auf, die sie ihrem Sohn Kiko seit 28 Jahren gibt. Der Name an sich ist bereits eine Koseform, denn eigentlich heißt ihr Jüngster Federico. „Auf Deutsch Friedreich, Friedrich. Deshalb habe ich ihm den Namen gegeben, weil er voller Frieden sein und Ruhe ausstrahlen sollte“, erklärt Delia. Dass der Sohnemann als kleiner Knirps jedoch alles andere als friedvoll sein würde, damit hatte die Luxemburgerin mit italienischen Wurzeln nicht gerechnet: „Er war das genaue Gegenteil davon, eine wahre Revolution!“. Keine ruhige Nacht, Fußtritte aus Trotz und viel überschüssige Energie statt Ruhe – das war Kiko, bis er neun Jahre alt wurde.

Heute sieht Delia im 28-Jährigen jedoch genau das, was sie sich immer für ihn gewünscht hatte: „Er ist mein Sohn, aber auch mein Berater und meine rechte Hand. Wenn ich ihn sehe, dann lachen wir viel zusammen, denn Kiko hat immer etwas Witziges zu erzählen.“ Bereits als frische Erwachsene wusste Delia, dass sie einmal Mutter von zwei Kindern sein wollte. „Dazu gibt es eine etwas spezielle Anekdote“, verrät die ehemalige Lehrerin. „Ich habe mir irgendwann – ich muss ungefähr 18 gewesen sein – zwei kleine Kisten gekauft, die, die man nimmt, um die Zähne reinzutun, wenn sie rausfallen und das Mäuschen sie holen soll. Ich wusste einfach, dass ich später einmal Kinder haben würde.“

Mutter zu sein findet die pensionierte Lehrerin „einfach mega cool“ und genau so hat sie Sohn Kiko und Tochter Martina auch erzogen. „Diskussionen hatten wir nie und es gab auch nie Streit. Auch beim Thema trinken, ich habe das natürlich immer direkt am Pegel von Kikos Augen gesehen, aber dann hatte ich halt Kotztüten hinten im Auto. Ich habe das irgendwie alles immer verstanden, denn wenn man zu viel verbietet, bringt das doch eigentlich gar nichts. So hatte er nie einen Grund, mich anzulügen.“ Mit der Methode „les mains de fer dans des gants de velours“ musste Delia vor allem den etwas wilderen Sohn oftmals pädagogisch überlisten, die Früchte der Erziehung ließen sich allerdings bereits zu Schulzeiten sehen.

„Er ist mein Sohn, aber auch mein Berater und meine rechte Hand. Wenn ich ihn sehe, dann lachen wir viel zusammen, denn Kiko hat immer etwas Witziges zu erzählen.“

Delia Pifarotti

Besonders in Erinnerung geblieben ist der italienischen Mama so die Geschichte von der Sparbüchse der Familie. „Ich halte nicht viel von Taschengeld und habe Kiko deswegen auch nie welches gegeben. Bei uns Zuhause gab es hingegen eine kleine ‚cagnotte‘ in einer Schublade, das war quasi das Geld der Familie“, erklärt Delia. Während Kiko stets Zugriff auf den Inhalt sowie Mamas Visa-Karte hatte – „Gitarren kaufen sich schließlich nicht von selbst“, so der 28-Jährige –, legte auch der Hobby-Musiker die Gage seines ersten Konzertes direkt ins gemeinsame Sparschwein. „Das war für mich natürlich ein riesiges Erfolgserlebnis“, meint Delia stolz.

Die Mutter und ihre Kinder haben auch heute noch, wo alle von Zuhause ausgezogen sind und jeder sein eigenes Leben führt, eine enge Verbindung. „Wir brauchen das einfach, voneinander zu hören und zu wissen, was jeder gerade tut“, sagt Kiko. In der Familien-WhatsApp-Gruppe werden so fast täglich kurze Nachrichten, alberne Fotos oder Smileys ausgetauscht und Delia kümmert sich um die administrativen Dinge von Kikos Band Zero Point Five. Als Mutter sei man halt stolz auf seine Kinder, denn diese geben einem mehr als sonst etwas in der Welt, so Delia: „Ich bin sehr dankbar Mama sein zu dürfen, denn durch Kiko und Martina fühle ich mich einfach realisiert.“

Eine wahre Löwen-Mama

Zwei Frauen, ein und derselbe Charakter: In etwa so lassen sich Carmen und ihre Tochter beschreiben. Bereits als Tiziana zur Welt kam, war ihrer Mutter klar, dass aus ihr ein selbstständiges Mädchen werden sollte, das auch mal Nein sagen kann. „Das war das Erste, was ich ihr gesagt habe und das hat sie auch von Klein auf durchgezogen“, meint Carmen stolz. Von ihrer eigenen Mutter hatte sie selbst gelernt, was es bedeutet, eine starke Frau zu sein und genau das wollte sie auch an ihre Tochter weitergeben.

Zwei selbstbestimmte Persönlichkeiten unter einem Dach, das führt einerseits zu Diskussionen im Dissertationsformat, andererseits aber auch zu viel Mutter-Tochter-Verbundenheit, denn Carmen und Tiziana sind meist auf einer Wellenlänge. „Mir war es immer wichtig, dass wir eine sehr offene Beziehung zueinander haben, vor allem in unseren Gesprächen und das von beiden Seiten. Schließlich teile ich auch gerne Dinge mit meiner Tochter, die ich sonst keinem erzähle.“ Es gebe keine Tabuthemen im Hause Paoletti, bestätigt Tiziana, die selbst noch Zuhause wohnt und die gemeinsamen Momente mit ihrer Mutter genießt – auch wenn diese schon mal etwas peinlich sein können.

„Ich denke da an eine Szene auf meiner Abschlussfeier. Meine Mutter ist eine Frau, die sich gerne amüsiert und der es egal ist, was andere sagen. Ihr Hauptmotto lautet ‚Je ne regrette rien‘“, erklärt Tiziana. Dass das Tanzbein ihre Mutter prompt über den nassen Boden fliegen ließ, fand die damalige Schülerin zwar nicht so dicke, heute können beide allerdings darüber lachen. „Das war wie bei Ups die Pannenshow. Awer wierklech richteg op d’Schnëss gaang!“ Auch bei der Aufzählung der gegenseitigen Spitznamen zeigt sich, dass bei den Paolettis Humor großgeschrieben wird. Neben „Mudder“ oder „Muddi“ hat Tiziana nämlich einen ganz besonderen Kosenamen für ihre Mutter parat: „Manchmal singe ich ihr das wunderschöne Lied von Sido: Für dich würd‘ ich sterben Carmen.“

„Mir war es immer wichtig, dass wir eine sehr offene Beziehung zueinander haben, vor allem in unseren Gesprächen und das von beiden Seiten. Schließlich teile ich auch gerne Dinge mit meiner Tochter, die ich sonst keinem erzähle.“

Carmen Paoletti-Zeimet

Den Vergleich zur Prostituierten aus dem Rap-Song findet Mama eher weniger toll, wie sie halb lachend, halb zähneknirschend erklärt: „Das ist das Schlimmste, was man mit meinem Vornamen machen konnte! Davor wurde ich immer mit der Oper Carmen in Verbindung gebracht – und dann kam Sido.“ Aber auch umgedreht lässt die zweifache Mutter keine Gelegenheit aus, um das Kind beim Namen zu nennen, denn in Zolver macht der Ton die Musik und wenn es durch den Flur „Tizia“ schallt, dann weiß auch die Jüngste des Hauses Bescheid. „Das ist wie eine Wurzelbehandlung, das tut richtig weh“, so Tiziana.

Die strenge Seite weiß Carmen jedoch mit einer ordentlichen Portion Mutter-Gelassenheit auszugleichen, denn: „Viele Eltern finden die Aktionen ihrer Kinder ganz schlimm, aber wenn man mal etwas zurückschaut und sich daran erinnert, was man selbst getan hat, dann schockiert einen das meiste gar nicht mehr so sehr. Mir haten zwar fréier manner Méiglechkeeten, mee gestiicht hu mir der trotzdeem!“

Was sich neckt, das liebt sich

„Eigentlich unternehmen wir gar nicht wirklich viel zusammen, wenn dann sitzen wir nur in der Küche und plaudern.“ Yannick und Mutter Emilia sind wohl das Duo, das unterschiedlicher kaum sein könnte und sich doch in so vielem ähnelt. Mit viel Ironie und Humor treten der 34-Jährige und die 59-Jährige das Muttertagsinterview an, denn wenn einer scherzen kann, dann sie. Bereits bei einer der ersten Kindheitsanekdoten von Mama Emilia wird klar, dass hier kein Auge trocken bleibt: „Als Yannick klein war und sich mal bei meinen Eltern nicht ordentlich benommen hatte, konnte ich ihn damit bestrafen, ihn zu einem Fußballspiel mitzunehmen. Das war für ihn der absolute Horror. Wenn wir dann beim Feld ankamen, fragten meine Freunde direkt, ob sie wieder einmal Amnesty International für ihn rufen sollten.“

Die Späße seiner Mutter erwidert Yannick mit amüsiertem Augenrollen, denn auch wenn es zwischen den beiden oftmals ordentlich kracht, weiß der Grafiker, dass er stets ihren Rückhalt hat. „Sie hat mich gelehrt, empathisch zu sein und sie hat oft erkannt, wenn ich dabei war auf den falschen Weg zu kommen. Dass ich heute da bin, wo ich bin, verdanke ich zu einem Großteil ihr“, so der 34-Jährige. Zwar sei Emilia keine Mutter, die mit ihm ins Kino geht oder samstags zum Shoppen fährt, dennoch habe sie für ihn stets ein offenes Ohr und den nötigen Mutter-Instinkt. „Wir haben eine sehr offene Beziehung zueinander und das war mir von Anfang an sehr wichtig, dass niemand etwas vor dem anderen zu verstecken braucht“, meint auch Emilia.

„Ein Geschenk – und das sagt dir jede Mutter – ist nicht wichtig. Wenn dein Kind gesund ist und du gesund bist, das ist das wahre Glück.“

Emilia Oliveira

Dass ihr Sohn sie als kleiner Junge bereits beim Vornamen rief, findet die 59-Jährige nur logisch, schließlich wuchs Yannick quasi komplett bei seinen Großeltern auf. Yannick hat dazu allerdings eigene Erinnerungen parat: „Ich kann mich erinnern, dass die anderen Mütter darüber im Kindergarten immer ziemlich schockiert waren. Ich habe sie halt immer Emilia genannt und heute würde ich sagen, dass Mamm ihr Spitzname ist.“ Auch beim Thema Muttertag fällt den beiden so manch lustige Anekdote ein, sei es die selbstgebastelte Krawatte zum Vatertag, die Emilia erhielt oder der Mixer, den Yannick aus praktischen Gründen verschenkte. Mamas eigene Antwort auf die Frage nach dem coolsten „Kaddo“ ist dann aber eine, die wohl von (fast) jeder Mutter hätte kommen können, denn: „Ein Geschenk – und das sagt dir jede Mutter – ist nicht wichtig. Wenn dein Kind gesund ist und du gesund bist, das ist das wahre Glück.“