Benoît Leonardis war süchtig nach Crack. Durch die Abhängigkeit hat er viel in seinem Leben kaputt gemacht. Dennoch hatte der 40-Jährige mehr Glück als andere. Heute will er Jugendlichen ein Vorbild sein und bemängelt das Vakuum für Therapierückkehrer*innen.
Ein Dienstnachmittag im Juli in einem Sportstudio. Benoît Leonardis empfängt seine Besucher. Freundliches Auftreten, fester Händedruck. Der Interviewanfrage ein paar Wochen zuvor hatte der 40-Jährige zuvor noch am gleichen Tag zugestimmt. Wenn er mit seiner Geschichte nur einem Menschen weiterhelfen könne, sei es das wert, berichtet er etwas später. Der Treffpunkt hat sich nicht irgendwie so ergeben. Das Fitnesscenter sei wie ein zweites Zuhause, sagt er. Es ist ein Ort, der im wahrsten Sinne des Wortes stark macht. Auch im Kopf.
Als der Minetter im November 2018 aus der Therapie im Ausland heimkehrt, ist das eine seiner ersten Prioritäten. „Ich wusste ganz genau, dass ich nach der Rückkehr aus der Therapie meine Struktur und verschiedene Gewohnheiten beibehalten müsste.“ An dem vergleichsweise kleinen Studio schätzt er die familiäre Atmosphäre. Hier kennt jeder jeden. Während er uns herumführt und für die Kamera posiert, ist er stehts höflich, hört aufmerksam zu und geht freundlich mit den anderen Besucher*innen des Fitnesszentrums um. Soziale Kontakte pflegen: Auch das musste er sich nach der Phase mit den Drogenproblemen wieder angewöhnen. „Es war mir wichtig, den sozialen Kontakt hier aufrecht zu halten.“
Seine Selbstbeschreibung in Kinder- und Jugendjahren zeichnet ein anderes Bild. Er sei ein „turbulenter“ Junge gewesen, der nie zur Ruhe kommt, sich viel bewegt und viel redet. In der Schule hat er Probleme, findet nicht wirklich seinen Platz. Er führt es darauf zurück, von italienischer Abstammung zu sein. Zuhause sei nur Französisch gesprochen worden. Noch heute, meint er, sei sein Luxemburgisch nicht perfekt. Dabei spricht er es fließend. Als Jugendlicher „habe ich mich nicht richtig wohl in meiner Haut gefühlt“. Er sei sehr dünn gewesen. Die von ihm wahrgenommenen Defizite versucht er durch Reden zu übertünchen. „Du erfindest dir dann ein Leben, du machst dich größer und schöner als du bist und irgendwann verlierst du dich in dieser Identität“, sagt er über ich selbst. In seiner Jugend spielt er Fußball. Doch dieses frühere Ich bezeichnet er als arrogant. „Ich habe das Training nicht richtig respektiert, ich habe den Leuten nicht zugehört“. Input sei an ihm abgeprallt. Er ist der, der immer Recht hat. Mit 20 Jahren erleidet er einen Unfall beim Sport und bricht sich ein Bein. „Das hat mich komplett aus der Bahn geworfen.“
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