Weniger Vieh, mehr Lebensmittelproduktion für den Menschen, kürzere Wege: Wie die Umweltwissenschaftlerin Sabine Keßler vom Institut für biologische Landwirtschaft die Zukunft der Landwirtschaft sieht – und warum das ohne Ernährungsumstellung nicht funktionieren wird.
Lëtzebuerger Journal: Beim Projekt Luxembourg in Transition, an dem Sie beteiligt waren, ging es um nicht weniger als eine Vision eines klimaneutralen, nachhaltigen und resilienten Luxemburgs bis 2050. Ist eine klimaneutrale Landwirtschaft überhaupt möglich?
Sabine Keßler: Eine wirklich klimaneutrale Landwirtschaft gibt es eher nicht. Sondern wir müssen versuchen, die Umweltschäden, und da ist das Klima inbegriffen, möglichst zu minimieren, um zu einer nachhaltigen Landwirtschaft zu kommen. Luxembourg in Transition hat sich vor allem raumplanerisch mit dem Thema auseinandergesetzt. Stichworte waren dabei die Diversifizierung, dass wir ein vielfältiges Landschaftsbild dadurch bekommen, dass die ökologische Durchgängigkeit wächst und wir Umwelt und Naturschutz stärker integrieren. Das bedeutet aber auch weniger Futterproduktion und mehr Produktion für die Humanernährung und dass wir auch auf der Ebene der Großregion möglichst kurze Transportwege für unsere Lebensmittel und landwirtschaftlichen Produkte haben. Und mehr Vermarktungsstrukturen vor Ort haben, um so auch nochmal die CO2-Emissionen zu reduzieren.
Was bedeutet das konkret für die Landwirtschaft, die in Luxemburg maßgeblich durch das Grünland und damit verbunden die Rinderhaltung geprägt ist?
Wir müssen hin zu einer flächengebundenen Tierhaltung. Dass wir sagen: Wir können nur so viele Wiederkäuer in Luxemburg haben, wie wir tatsächlich über eine graslandbasierte Fütterung auch ernähren können. Natürlich kann da auch noch ein Teil Maisfütterung dabei sein, aber dass wir den Zukauf von Soja aus Übersee dann definitiv nicht mehr haben und versuchen, wirklich nur so viele Tiere zu halten, wie wir nachher an Wirtschaftsdünger verarbeiten und wieder auf die Flächen ausbringen können.
Welchen Stellenwert hat die Biolandwirtschaft in diesem Szenario? Studien zufolge haben Lebensmittel aus Bioproduktion einen deutlich kleineren Emissionsabdruck, doch auch die ökologische Landwirtschaft stößt Emissionen aus. Ist die Biolandwirtschaft im Endeffekt „nur“ die bessere Alternative?
Letztendlich ist die biologische Landwirtschaft schon „nur“ das bessere Konzept, wenn man es so sagen möchte. Auch die Biolandwirtschaft hat mit Sicherheit noch Potenzial, um sich zu verbessern, sonst bräuchten wir das IBLA und sonstige Forschung zur biologischen Landwirtschaft nicht, um die Emissionen weiter zu reduzieren. Vermeiden können wir sie sicherlich nicht.
Aber es gilt, nicht nur das Klima zu betrachten, sondern auch ganz viele Umweltaspekte. Natürlich ist die Klimakrise in aller Munde. Aber wir haben auch noch eine Biodiversitätskrise. In dem Bereich kann die Biolandwirtschaft doch einiges beitragen. Eine große Metastudie (von Jürn Sanders und Jürgen Heß, d. R.) hat vor drei Jahren ganz klar herausstellt, welche Leistungen die Biolandwirtschaft für die Gesellschaft erbringen kann.
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