Behinderung: Ein dehnbarer Begriff

Von Camille FratiLex KlerenMisch Pautsch Für Originaltext auf Französisch umschalten

Kinder mit einer um mehr als 50 Prozent verminderten Leistungsfähigkeit haben in der Theorie Anspruch auf eine Sonderzulage. In der Praxis verfolgt die Zukunftskeess eine sehr restriktive Politik, die manchmal schwer nachvollziehbar ist.

Matilda* (Name von der Redaktion geändert) ist ein süßes, dreieinhalbjähriges Mädchen, das fröhlich und bereits auf ihr Äußeres achtet. Ihr Alltag sieht jedoch anders aus als der ihrer Mitschüler*innen in der Kinderkrippe. Matilda wurde mit einem angeborenen polymalformativen Gesichtssyndrom geboren. "Das bedeutet, dass sie mehrere Missbildungen im Gesicht hat", erklärt ihre Mutter Alice* (Name von der Redaktion geändert). "Ihr fehlt ein Ohr und ein Stück des Kiefers, und sie hat eine Zyste im Auge zwischen dem Augenweiß und der farbigen Iris." Ein Syndrom, das erst bei der Geburt entdeckt wird. "Die Ärzte gehen davon aus, dass der Fötus einen Schlaganfall hatte, und in solchen Fällen entwickelt sich alles, was sich zu diesem Zeitpunkt gebildet, nicht weiter. Bei Matilda muss es etwa in der 5. bis 6. Woche passiert sein, zu einem Zeitpunkt, an dem sich alles entwickelt: die Nieren, das Herz, das Genitalsystem, das Gehirn …" Die ersten Wochen und Monate von Matildas Leben waren der Identifizierung der nicht-sichtbaren Missbildungen gewidmet. "Als sie drei Tage alt war, bekam sie einen Ultraschall des Herzens, des Gehirns, der Nieren … Es war sehr schwer. Man wusste nicht, ob sie sehen oder hören konnte, ob sie lebenslang an die Dialyse müsste, ob sie geistig behindert sein würde. Das erste Lebensjahr war ziemlich schwer."

Zum Glück stellt sich heraus, dass die Organe des Mädchens nicht geschädigt sind – "das Herz war geschädigt, aber das hat sich mit dem Wachstum wieder zurückgebildet". "Heute ist Matilda auf einem Ohr taub. Sie hört nur ein ganz klein wenig, weil sie keinen Gehörgang hat. Sie ist astigmatisch (eingeschränkte Sicht, d. Red.). Und beim Kiefer ist es schwierig, die Auswirkungen vor einem bestimmten Alter zu definieren, da alle Kinder als Kleinkinder Schwierigkeiten mit der Aussprache haben." Es sind ihre Hörprobleme, die sich am stärksten auf Matildas Leben auswirken. "Ein lautes Geräusch ist für sie sofort aggressiv, da sie nur ein Ohr hat, kann sie die Geräusche nicht analysieren und sich auf das Geräusch konzentrieren, das für sie wichtig ist. Sie wird von allen Geräuschen und Klängen überrollt, was für sie schnell ermüdend und stressig wird. Das merkt man daran, dass sie sich sehr schnell das Ohr zuhält".

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