Auffangen, wenn es andere nicht tun

Von Sarah RaparoliLex Kleren

Aufsuchende Jugendarbeit heißt, dass Jugendarbeitende in die Lebenswelt von jungen Menschen eintauchen und sie in Richtung Erwachsensein unterstützen. Obwohl ein Wandel zu beobachten ist, verfolgt nicht jede Gemeinde diesen Ansatz. Endlich könnte eine einheitliche Ausbildung Realität werden und weitere positive Entwicklungen bewirken.

Als die Tür sich öffnet, werden wir von einer kleinen Hündin begrüßt. "Das ist Daisy, ich habe sie erst seit wenigen Wochen", entgegnet eine Stimme mit britischem Akzent. Teresa Bastian führt uns in ihr in Rümelingen gelegenes Büro, nicht weit vom Jugendhaus entfernt. Tilly wie Teresa Bastian es bevorzugt genannt zu werden, kommt aus dem britischen Cambridge und wohnt seit 1992 in Luxemburg. Seit letztem September ist sie Outreacherin in der Gemeinde Rümelingen. "Ich habe 15 Jahre Berufserfahrung. Ich arbeitete im Kinderheim und in einer Struktur für betreutes Wohnen und war bereit für eine neue Challenge. Ich bin zufällig auf diesen Posten gestoßen – ich wusste nicht, was es damit auf sich hat", gibt sie zu. Das Projekt in Rümelingen begann wie in weiteren sechs Südgemeinden im Jahr 2016. Laut Informationsbroschüre des Dachverbands der Luxemburger Jugendstrukturen seien jedoch insgesamt weit mehr, nämlich Jugendliche aus 23 Gemeinden erreicht worden.

Tillys Arbeit richtet sich hauptsächlich an 16- bis 26-Jährige, die auf dem Weg aus der Schule und in Richtung Erwachsenenleben Unterstützung benötigen. Sie setzt während unseres Gespräches immer wieder die Betonung auf "rausgehen", "unterwegs sein" und "in die Räume der Jugendlichen eintreten", denn genau das macht das Projekt aus. "Im Kern besteht mein Job daraus, Motivation zu vermitteln, um etwas zu ändern, diese jungen Menschen zu aktivieren und ihnen eine Perspektive zu bieten." Als Jugendarbeiter*in geht sie aktiv auf jungen Menschen zu und versucht Teil ihrer Lebenswelt zu werden, nicht umgekehrt.

Wald ist Haupttreffpunkt

Gemeinsam mit Tilly und Daisy machen wir uns auf den Weg in Richtung Wald. Der Wald? Bei dem Wetter? "Dort treffen sich die Jugendlichen öfters", wird auf unseren erstaunten Blick geantwortet. "An meinem ersten Tag war ich ganze sechs Stunden unterwegs." Zweimal die Woche verschlage es Tilly gemeinsam mit ihrer Hündin ins Grüne, wo sie keine großen Schwierigkeiten habe, mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. "Ich habe immer Haribo-Tütchen und meine Karte dabei und frage, ob sie einige Minuten für mich hätten." Einige würden das Weite suchen, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht und Angst hätten. Tilly kann jedoch auch von Erfolgen berichten. "Mit einem Jungen ging ich spazieren und er erzählte mir seine Geschichte. Später habe ich ihm geholfen, eine Bewerbung aufzusetzen." Als sie eine Zeit lang nichts mehr von ihm gehört hat, habe sie ihm eine SMS geschrieben. "Er sagte, es gehe ihm gut. Er hat sich noch einmal für meine Hilfe bedankt und meinte, er würde sich melden, wenn etwas ist." So flüchtig können die Interaktionen in Tillys Job sein. Und dennoch versuche sie stets, eine Vertrauensbasis aufzubauen und als Vertrauens- und/oder Kontaktperson zu fungieren und wenn möglich eine 1-zu-1-Betreuung zu verfolgen.

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