Abgesagte Termine, riskierte Arbeitsplätze

Von Laura TomassiniLex Kleren

Seit der Covid-Pandemie häufen sich in vielen Branchen die Last-minute-Terminabsagen und sogenannten No-Shows, also Termine, die ohne Rückmeldung "vergessen" werden. Zwei Unternehmerinnen erklären den Impakt auf ihren Betrieb und weshalb durch ein solches Verhalten im Extremfall Existenzen auf dem Spiel stehen.

Es ist kurz nach 19:30 Uhr, der Tisch mit der Reservierung für 19 Uhr ist immer noch leer. Ans Telefon geht niemand, eine Absage gab es auch nicht – so langsam wird klar: Hier wird keiner mehr kommen. Ein klassischer Fall eines No-Shows, also dem ungemeldeten Fernbleiben trotz gebuchtem Termin, wie sie in den vergangenen Jahren in vielen Branchen vermehrt vorkommen. Aline Bourscheid, Managing Partner der Restaurants Hostellerie du Grünewald, Grünewald Chef’s Table und Maison B, kennt das Phänomen schon lange. Seit der Covid-Pandemie hat sich dieses allerdings verschlimmert.

"Mittlerweile haben wir in der Maison B etwa zwei No-Shows pro Tag. Ich denke dafür gibt es mehrere Gründe, allen voran aber die Informatisierung von Buchungsprozessen und die Tatsache, dass viele einen deutlich gefüllteren Alltag haben, gleichzeitig aber Angst, Dinge zu verpassen", so die Unternehmerin. Je später die Uhrzeit, umso mehr werden die No-Shows: 70 Prozent all jener, die einen Tisch für 21 Uhr oder später reservieren, erscheinen nicht. "Wir warten in der Regel eine halbe Stunde, dann rufen wir an. Die einen legen sofort auf, andere schreien uns an, wiederum andere sind peinlich berührt und entschuldigen sich. Einen Termin zu verpassen, ist jedem von uns schon passiert. Der Unterschied liegt darin, ob es einem ehrlich leidtut oder einfach egal ist", meint Bourscheid.

Leere Tische, die mehr als Lebensmittel kosten

Wessen viele sich nicht bewusst sind: In den Restaurants der Unternehmerin werden bis auf Brot und Eis alle Waren am Tag selbst eingekauft und frisch verarbeitet, sodass Absagen und No-Shows direkt zu Lebensmittelverschwendung führen. Hinzu kommt der finanzielle Verlust, der durch das Nichteinhalten von Terminen entsteht: "In der Maison B liegt der Durchschnittsbon, also die durchschnittlichen Ausgaben von Kunden bei 75 Euro pro Person, im Chef’s Table bei 205 Euro. Man kann also ausrechnen, wie viel wir durch einen Tisch, der nicht auftaucht, verlieren."

Zur Verdeutlichung des Problems: Am Tag vor dem Interview blieben vier Personen trotz Reservierung dem Chef’s Table fern. Bei einer Kapazität von 21 Sitzplätzen sind das quasi 25 Prozent. An vergangenem Silvester waren es in einem der Restaurants sogar fünf, was Bourscheid und ihr Team besonders ärgerte: "An Feiertagen öffnen wir nicht, um unsere Kassen zu füllen, sondern als Dienstleistung für unsere Kunden, um Danke zu sagen für ihre Treue während des Jahres." Aufgrund des schlechten Wetters gingen die Reservierungen in der Maison B an einem Tag sogar von 150 auf 85 zurück, hier haben aber alle offiziell abgesagt, sodass Bourscheid Mitglieder ihres Teams nach Hause schicken und die leeren Tische antizipieren konnte.

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