„Wir waren nie eine rechte Partei“

Von Pascal SteinwachsLex Kleren

Im nächsten Monat feiert die Alternativ Demokratesch Reformpartei (adr) ihren 35. Geburtstag. Gast Gibéryen war jahrzehntelang das Gesicht der adr und schon dabei, als diese noch gar keine Partei war. Klar, dass so ein Mann der ersten Stunde viel zu erzählen hat.

Als Jean-Claude Juncker im Januar 1995 Premierminister wurde, da drohte er dem damaligen Aktionskomitee für Demokratie und Rentengerechtigkeit, es von der politischen Bildfläche verschwinden zu lassen, ja, diesem ein für alle Mal zu zeigen, „wou de Bock d’Lach huet“, wie Juncker sich seinerzeit nicht gerade staatsmännisch ausdrückte. Nun: Juncker ist inzwischen in politischer Rente, die adr ist immer noch da.

Grund genug, mit dem wohl bekanntesten und höchstwahrscheinlich immer noch beliebtesten adr-Politiker, Gast Gibéryen, zu sprechen. Er wurde, im Gegensatz zur jetzigen Parteispitze, in der Zeit, in der er aktiv war, auch von seinen politischen Gegner*innen respektiert. Nach 31 Jahren ununterbrochener Zugehörigkeit in der Abgeordnetenkammer hat Gibéryen sich im Oktober 2020 aus dem Parlament zurückgezogen, wo der umstrittene Mitbegründer der Referendumsbewegung Wee2050/Nee2015 Fred Keup für ihn nachrückte, der kürzlich auch den Parteivorsitz übernommen hat.

Schlossherr Gast Gibéryen

Neben Ehrenpräsident Robert Mehlen und dem Nordabgeordneten Jeff Engelen gehört Gast Gibéryen zu den letzten Mohikanern des Aktionskomitees beziehungsweise der alten adr, die sich in all den Jahren stark verändert hat und mittlerweile von ganz anderen Leuten geführt wird. Statt Handwerkern wie Gibéryen und Engelen haben inzwischen Akademiker*innen das Sagen. Aus einer Protestbewegung für mehr Rentengerechtigkeit wurde eine Partei, die sich immer mehr nach rechts bewegt hat.

Wir besuchten vor zwei Wochen einen tiefenentspannten Gast Gibéryen an einem fast schon sommerhaften Tag in seinem Zuhause in Frisingen, das er sich mit seiner Frau, zwei Hunden und einer ganzen Reihe von Hühnern teilt. Die Eier gibt er an Freund*innen und Nachbar*innen ab. Das Haus hat er in jungen Jahren selbst gebaut, und seine neu gewonnene Freizeit verbringt er nach über 40 Jahren in der Politik – zuerst als Kommunalpolitiker, dann in der Abgeordnetenkammer – hauptsächlich mit Reisen. Die Arbeit in der Chamber vermisst der 71-Jährige hingegen gar nicht; nicht mal Chamber TV schaue er sich an, und das Chamberbliedchen habe er auch noch nicht gelesen.

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