Vom Gefühl, (im Sport) dazuzugehören

Von Laura TomassiniPit Reding

Zwei luxemburgische Sportvereine machen ihr Training zum Begegnungsort: Menschen im Autismus-Spektrum, Rollstuhlfahrer*innen und Senior*innen halten sich hier gemeinsam mit jungen, neurotypischen Sportler*innen fit. Dabei werden nicht nur körperliche, sondern auch gesellschaftliche Grenzen überwunden. Eine Reportage.

Es ist Samstagmorgen, draußen scheint die Sonne, es weht ein frischer Wind. Schon beim Betreten des Raums kommt uns eine junge Frau entgegen. "Hallo, ich bin Lynn, und wie heißt du?" Ein paar sehr direkte Fragen später wissen wir: hier sind wir richtig. An einem Tisch sitzen bereits ein paar ältere Damen und Herren, draußen an den Geräten warten die Ersten in ihren Sportklamotten. Lynn, die sich, wie es sich später herausstellt, im Autismus-Spektrum befindet, begrüßt alle Neuankömmlinge, die nach und nach ins Lycée Bel-Val eintrudeln – und das am schulfreien Wochenende, freiwillig. Der Grund: In Kürze beginnt hier das Training von Iron Sparks, einem adaptiven Functional Fitness Club.

Seit Mai 2021 ist im Sportverein jede*r willkommen: von Menschen im Autismus-Spektrum über Rollstuhlfahrer*innen, Jugendliche und Senior*innen bis hin zu Sportler*innen mit Prothesen und Teilnehmer*innen mit Down-Syndrom. Auch am Samstagmorgen sind hier die unterschiedlichsten Teilnehmer*innen vertreten. "Wir kommen zusammen, um Sport zu treiben und machen keinen Unterschied, sondern passen uns einfach an, ohne viel Tamtam", sagt Sybille Blitgen, eine der zwei Gründerinnen von Iron Sparks. Im Verein werde Inklusion genauso gelebt, wie sie eigentlich gemeint ist: Nicht als exklusive Kurse spezifisch für Menschen mit Behinderung, sondern als Aktivität an der jede*r teilnehmen kann – Stichwort Gleichberechtigung.

Fokus auf dem Beisammensein

"Auf Englisch würde man von 'equity' anstatt 'equality' reden, sprich, dass jeder die Möglichkeiten erhält, die an seine Fähigkeiten und Voraussetzungen angepasst sind, damit wir alle ans gleiche Ziel kommen", erklärt Blitgen. Die Idee für den inklusiven Verein kam der Englischlehrerin, die diesen gemeinsam mit ihrer Kollegin Mandy Loes gründete, während Covid. Blitgens Bruder ist Autist und fand bis zur Gründung von Iron Sparks nie einen Platz in einem Sportverein. Seit er mit seiner Schwester und den freiwilligen Coaches des Clubs trainiert, hat sich sein Leben drastisch verändert: "Er hat sich einerseits physiologisch und motorisch stark entwickelt, aber es ist auch das erste Mal in seinem Leben, dass er richtige Freunde gefunden hat."

Während früher immer "nur" Familienmitglieder zu Laurents Geburtstagspartys kamen, sind dort jetzt auch andere Gesichter zu sehen. "Es geht um den sozialen Aspekt, die Community und dass man zusammensitzt, lacht und nach dem Sport auch noch mal einen in der Gruppe trinkt", sagt Blitgen. Bei Iron Sparks wird Sport nach seiner Ursprungsform definiert: als Team-Aktivität. Damit dies auch klappt, haben Blitgen und Loes zwei Jahre lang an Ausbildungen teilgenommen und den Austausch mit anderen gesucht. Ihr Wissen sowie Erfahrungswerte geben sie nun einerseits an die Freiwilligen des Clubs weiter, aber auch an andere Interessierte, auf Anfrage oder bei Workshops zum Thema Sport mit Behinderung.

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