Vergiftete Debatte

Von Christian BlockMisch PautschGilles Kayser

In den kommenden Monaten ist auf dem europäischen Parkett mit einer Entscheidung über eine Verlängerung der Glyphosatzulassung zu rechnen. Bestenfalls würde ein Verbot die luxemburgische Landwirtschaft nicht unvorbereitet treffen. Das hat allerdings seinen Preis.

Als sich der im Koalitionsprogramm von 2018 verankerte Glyphosat-Ausstieg konkretisierte, war auch für Guy Tempels Schluss. Der Landwirt (und Kandidat für die Parlamentswahl auf der Südliste der CSV) hat wie viele seiner Berufskolleg*innen in der Anbausaison 2019/20 von der staatlichen Entschädigung Gebrauch gemacht und freiwillig auf den Einsatz der Substanz verzichtet.

Ab 2021 war es dann endgültig vorbei mit dem seit Jahren umstrittenen Totalherbizid in Landwirtschaft und Weinbau des Großherzogtums. Bis zum fatalen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. März dieses Jahres, als sich herausstellte, dass es dem "vorbereiteten" Glyphosatausstieg der Regierung – nun ja – an Vorbereitung fehlte. Der Chemie- und Pharmakonzern Bayer, der Monsanto 2016 übernommen hatte, hatte in Luxemburg gegen das Verbot geklagt und gewonnen.

Rund neun Monate vor dem Auslaufen der EU-weiten Glyphosat-Zulassung (am 15. Dezember 2023) wurden die Karten so neu gemischt. Seitdem kann ein Teil des Sektors das Spritzmittel theoretisch wieder einsetzen, während Landwirt*innen wie Guy Tempels, die sich im Rahmen der Landschaftspflegeprämie für einen freiwilligen Verzicht meldeten, weiterhin davon absehen müssen. 

Theoretisch deshalb, weil der Einsatz des Unkrautvernichters in der Praxis für viele Landwirt*innen ohnehin keine Option darstellt oder nicht mehr. In Trinkwasserschutzzonen hat die Regierung den Glyphosat-Einsatz infolge des Urteils vollständig untersagt. In den Pachtverträgen für das Land, das der Staat Landwirt*innen für ein Entgelt zur Verfügung stellt, steht das Verbot ebenso drin wie im Anforderungskatalog für ein staatliches Siegel für Label von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Bestimmte Beihilfen sind ebenfalls daran geknüpft. Für die betroffenen Landwirte gilt, "Urteil hin oder her, ob Unterschrift (für einen freiwilligen Verzicht, d. Red.) oder nicht […], weiterhin ohne [Glyphosat] auskommen zu müssen", so fasst Guy Steichen, Pflanzenberater bei der Landwirtschaftskammer, das Lagebild zusammen.

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