Rund 360 Menschen sind aufgrund aktueller oder vergangener Verurteilungen von der Gemeindewahl ausgeschlossen. Ob der Entzug des Wahlrechts grundsätzlich, aber auch angesichts der neuen Verfassung, in dieser Form noch zeitgemäß ist, ist fraglich. Eine Analyse.
Dieser Artikel war für den Amnesty Mediepräis 2024 in der Kathegorie "Artikel" nominiert. Er wird dir gratis zur Verfügung gestellt. Wenn du unser Team unterstützen willst, schließe jetzt ein Abo ab.
Nach dem Wegfall der Residenzklausel sind bei der kommenden Gemeindewahl mehr Menschen wahlberechtigt als je zuvor. Dennoch sind Teile der Bevölkerung nicht befugt, ihre Stimme abzugeben. Die aktuell noch gültige Version der Verfassung, die zum 1. Juli ersetzt wird, sieht etwa vor, dass Menschen unter Vormundschaft grundsätzlich vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. Das soll sich ändern. Nicht mehr rechtzeitig für die Kommunalwahlen, aber für die Parlamentswahlen im Herbst. Das ist zumindest der Plan der Regierung mit dem Gesetzesvorhaben 8150.
Für eine andere Population wird allerdings auch dann alles beim Alten bleiben. Wer in Luxemburg verurteilt wird, kann unter bestimmten Umständen das Wahlrecht verlieren – sogar auf Lebenszeit.
Der luxemburgische "Code pénal" unterscheidet grundsätzlich zwischen drei Szenarien.
Artikel 11 des Strafgesetzbuchs (siehe Infobox) besagt, dass wer zu mehr als zehn Jahren Gefängnis verurteilt wird, unter anderem das aktive und passive Wahlrecht verliert – für den Rest seines Lebens.
Artikel 12 überlässt es dem Gericht, bei Gefängnisstrafen von fünf bis zehn Jahren für begangene Verbrechen, der verurteilten Person das Wahlrecht auf Lebenszeit oder für die Dauer von zehn bis 20 Jahren zu entziehen.
Bei Delikten können die Gerichte ebenfalls die im Artikel 11 aufgezählten Rechte aufheben, dies für eine Dauer von fünf bis zehn Jahren. Wobei zu betonen ist, dass das Gesetz an anderen Stellen spezifische Bestimmungen vorsieht, was den Entzug von bürgerlichen Rechten wie dem Wahlrecht angeht.
Der strafrechtliche Verlust des Wahlrechts ist kein seltenes Phänomen. Die Nichtregierungsorganisation Penal Reform International (PRI), die sich für die Wahrung der Menschenrechte im Strafrecht einsetzt, hat vor einigen Jahren eine Studie zu diesem Thema in Auftrag gegeben. Die 2016 erschienene und von acht internationalen Rechtskanzleien durchgeführte Publikation kam zum Schluss, dass in 45 Prozent von 66 untersuchten Ländern eine Haftstrafe mit dem Verlust des Wahlrechts einhergeht.
Freier Zugang zum Rest des Artikels
Du kannst diesen Artikel kostenlos abrufen, wenn du unseren Newsletter abonnierst, der zweimal pro Woche versandt wird. Du brauchst außerdem ein Journal-Konto.
Du hast bereits ein Konto?
Einloggen